Seite:Märchen (Montzheimer) 016.jpg

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viele Tage reiste, um sie zu finden und ihre Zauberklänge zu vernehmen. Führe mich zu deiner Herrin.“

Erschrocken hörte Elligod diese Worte. „Weh’ mir, daß ich so schwatzhaft war!“ rief sie. Sie beteuerte dann weiter, ihre Herrin würde ihr zürnen, wenn sie es wüßte! Kein Fremder dürfe zu ihr, wenn sie auf der Harfe spiele. Dann fragte das Mädchen:

„Doch, Herr, mir jetzo künden wollt,
Wer Euch erzählt von Klingehold?“

„Das ist mein Geheimnis,“ lächelte der König. „Vielleicht enthülle ich es noch eines Tages, wenn du mich zu deiner Herrin führst.“

Während Ringolf so sprach, drangen plötzlich wundervolle Töne aus der Ferne an sein Ohr. Er horchte, während Elligod enteilen wollte. „Ich muß deine Königin sehen und ihr Spiel hören,“ rief er dann entschlossen. „Nimm mich mit, Elligod, verbirg mich irgendwo! Ich verspreche dir, dich nicht zu verraten!“

Elligod stand unschlüssig. Sie betrachtete prüfend die ganze Gestalt des Fremden, der prächtige Kleider trug und dessen Antlitz Güte und Milde verriet. Von ihm konnte ihrer geliebten Herrin keine Gefahr drohen, so dachte sie, und zog ihn darum durch einen Laubengang, der, von duftenden Schlinggewächsen überwachsen, geradeswegs zu dem Schlosse führte.

Hier zeigte sie auf eine nach dem Meer zu offene Säulenhalle und flüsterte, ihn dort hinter ein Myrtengebüsch führend:

„Ich will Vertrau’n Euch schenken;
Wollt nicht die Herrin kränken.
Bleibt hier verborgen steh’n,
Könnt alles hören, seh’n,
Bis ich auf leisen Sohlen
Dann komme, Euch zu holen.“

Empfohlene Zitierweise:
Elsbeth Montzheimer: Märchen. Leipziger Graphische Werke AG, Leipzig 1927, Seite 16. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:M%C3%A4rchen_(Montzheimer)_016.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)