Seite:Märchen (Montzheimer) 019.jpg

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„Elligod!“ rief er lebhaft, „du mußt mich zu deiner Herrin führen; es könnte sein, daß ich ihr Wichtiges mitzuteilen hätte.“

Das Mädchen überlegte. Dann eröffnete es dem König, dessen Rang es nicht ahnte, daß er sich einige Tage gedulden müsse, bis es der Königin seine Bitte vorgetragen habe. Goldwina ließe nur Bettler oder allenfalls arme Krämer vor sich kommen, weil sie wohltätig und voller Mitleid für Notleidende sei.

Der König versprach, sich in zwei Tagen wieder unter der Palme einfinden zu wollen, obwohl es ihm schwer ward, sich noch so lange zu gedulden, denn er dachte mit Unruhe an seine kranke Gemahlin.

Als er den Garten verlassen hatte, ritt der König weiter, um eine Herberge zu finden, was ihm denn auch nach einigen Stunden gelang.

Mit ihm zugleich fand sich daselbst ein Mann ein, der totmüde einen schweren Packen schleppte und unter weitem Mantel noch allerlei Dinge trug.

König Ringolf ließ sich mit ihm in ein Gespräch ein; er erfuhr, daß der Mann ein Krämer war, der von weit herkommend, die Seinen verlassen hatte, um Geld für sie zu verdienen.

Da durchblitzte den König ein Gedanke: Er fragte den Krämer, ob er ihm seine Waren verkaufen wolle. „Mit tausend Freuden!“ rief der Gefragte und strich glückstrahlend die Goldstücke ein, die der Käufer ihm großmütig für seine wertlosen Waren bot. Diese bestanden in bunten Bändern und sonstigem Tand zum Putz für Mädchen.

Als der unbekannte Gönner ihm aber gar noch seinen weiten Mantel abkaufte, riß der Krämer die Augen vor Staunen weit auf und machte sich bald davon, aus Angst, der Handel könne dem Käufer wieder leid werden.

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Elsbeth Montzheimer: Märchen. Leipziger Graphische Werke AG, Leipzig 1927, Seite 19. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:M%C3%A4rchen_(Montzheimer)_019.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)