Seite:Märchen (Montzheimer) 021.jpg

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Der Krämer mußte aber ein Neuling in seinem Fache sein, wie die Mägdlein kichernd dachten, denn er schenkte ihnen schließlich, was ihnen gefiel, bis ein Ballen geleert war. Nun äußerte er den Wunsch, auch der Herrin dieses Schlosses seine Waren vorlegen zu dürfen, denn er sagte, daß er einige Dinge bei sich habe, die der Königin wohl gefallen könnten.

Elligod überlegte einen Augenblick, doch dann sagte sie:

„Ist’s auch noch frühe Stunde,
Bring’ ich der Herrin Kunde –
Will sagen ihr, was dein Begehr’,
Drum warte, bis ich wiederkehr’!“

Der Krämer vertrieb sich die Zeit des Wartens damit, die jungen, nun ganz zutraulich gewordenen Mädchen über ihre Herrin zu befragen. Er vernahm nur Aeußerungen des Lobes.

Erwartungsvoll lächelte der Mann, als Elligod ihm winkte, und er, gefolgt von den Dienerinnen, die Säulenhalle betrat. Es war dieselbe Halle, in der am vorhergehenden Tage König Ringolf die Königin Goldwina belauscht hatte.

Auch jetzt saß sie auf dem goldenen Sessel. Ihr langer Schleier wallte über ihr Antlitz, das ernst prüfend den Krämer betrachtete, der bescheiden, mit gesenktem Haupte am Eingang stehen blieb.

Jetzt winkte Golwina ihm, näher zu kommen, während die jungen Mädchen sich vor der Herrin tief verneigten, dann ihres Winkes gewärtig, auf den Ruhesitzen an den Wänden Platz nahmen. Nur Elligod blieb in der Nähe der Königin, die den Fremdling anredete:

„Ein Krämer bist du, wie ich schon vernahm,
Der selt’ne Dinge mir zu zeigen kam.“

Der Mann bejahte, sich ehrerbietig vor der hoheitsvollen Gestalt Goldwinas neigend.

Empfohlene Zitierweise:
Elsbeth Montzheimer: Märchen. Leipziger Graphische Werke AG, Leipzig 1927, Seite 21. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:M%C3%A4rchen_(Montzheimer)_021.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)