Seite:Märchen (Montzheimer) 029.jpg

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keine Angst, Mägdelein, ich tue dir nichts zu Leide. Sahst du hier schon Ritter oder Knappen?“

„Ja, Herr,“ antwortete Magdalies; „sie suchten den verirrten Königssohn. Dorthin, in der Richtung nach der Stadt zu, sind sie gelaufen.“

Wie Magdalies nun sah, daß der junge Rittersmann sie gar gütig anblickte und nicht so stolz war, wie sie sich die Ritter immer gedacht hatte, fühlte sie ihre Angst schwinden, daß sie Mut fand, selbst eine Frage zu tun: „Edler Herr, gewiß seid Ihr auch einer der Freunde des Königssohnes und wollt diesen suchen?“

Der Ritter lächelte. „Du kennst den Königssohn wohl nicht, Mägdelein?“

„Nein, Herr, aber gern möcht’ ich ihn einmal sehen; er soll gut und edel sein, wie die Leute sagen.“

„So, sagen sie das, und glaubst du das auch?“

„Ja, Herr.“

„Ei,“ antwortete der Rittersmann, „da kann er sich freuen. Und weißt du, worüber ich mich freuen würde?“ Er zeigte auf ihre Erdbeeren und sprach weiter: „Seit Stunden irre ich im Walde umher, habe nicht Speise noch Trank bei mir, da möchte ich fragen, ob ich nicht einige von deinen Erdbeeren essen dürfte?“

„Wenn es Euch freut, gern. Nehmt, Herr.“ Magdalies hielt dem Ritter ihr Körbchen mit den roten Früchten hin, denen dieser auch wacker zusprach, während er dazwischen fragte: „Wer bist du? Woher kommst du? Wie heißest du?“

„Ich bin nur eine arme Dienstmagd, Herr, diene bei einem Bauern hier in der Gegend und heiße Magdalies.“

Der Ritter blickte gedankenvoll vor sich nieder; dann hub er wieder an: „Die Beeren deines Waldes munden gut; ich danke dir.“

Empfohlene Zitierweise:
Elsbeth Montzheimer: Märchen. Leipziger Graphische Werke AG, Leipzig 1927, Seite 29. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:M%C3%A4rchen_(Montzheimer)_029.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)