Seite:Märchen (Montzheimer) 038.jpg

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Da erfuhr sie, daß die Kuh plötzlich ganz wild geworden sei und sich losgerissen habe. In dem Bemühen, sie zu bändigen, waren beide arg zugerichtet worden, so daß sie von dem Kampfe noch ganz erschöpft waren.

Magdalies verband dem Bauern seine Wunde, holte auch der Bäuerin Heilsalbe herbei und labte sie beide mit einem kühlenden Tränklein.

Als das Ehepaar drinnen in der Stube war, ging sie furchtlos zur Kuh, die sich willig von ihr wieder anbinden ließ. –

Erst dann fand sie Zeit, von ihrer Erdbeerernte zu berichten.

Die Bäuerin erhob sich hastig, um sich, wie sie sagte, zum Wege in die Stadt zu rüsten, während sie schon gierig ausrechnete, wie reich wohl die Belohnung ausfallen könne.

Doch der Bauer stellte sich ihr in den Weg: „Weib,“ herrschte er sie an, „willst in die Stadt, in’s Schloß, so wie du ausschaust? Bist wohl nicht gescheit? Da denken die Leut’ gar, ich hätt’ mein Weib geprügelt.“ –

„Denk’ doch an die Belohnung und an den kranken König,“ zeterte die Bäuerin. Doch so sehr der Bauer auch sonst das Gold liebte, heute schien ein anderer Geist in ihn gefahren zu sein, denn zornig begehrte er auf:

„Ach was, Belohnung hin, Belohnung her! An deinen Mann denkst du wohl nicht? In’s Haus gehörst du, Weib, deinem kranken Mann seine böse Wunde zu kühlen. Die Magdalies mag meinetwegen die Beeren ins Schloß bringen; du bleibst daheim!“

– – – – – – – – – – –

Wenige Stunden später hatte Magdalies das Stadttor erreicht. Sie war noch nicht oft in der Stadt gewesen, doch sie nahm sich trotzdem kaum Zeit, sich umzuschauen, denn sie eilte, ins Schloß zu kommen. So blickte sie auch nicht zur Seite, als sie Pferdegetrappel hinter sich vernahm, bis eine freundliche Stimme ihr zurief:

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Elsbeth Montzheimer: Märchen. Leipziger Graphische Werke AG, Leipzig 1927, Seite 38. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:M%C3%A4rchen_(Montzheimer)_038.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)