Seite:Märchen (Montzheimer) 046.jpg

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geben Euch das Geleit. Der Prinz erwartet seine Braut vor der Stadt, um sie ins Schloß zu geleiten.“

Dann winkte der Ritter einem Pagen, der ein großes und ein kleines Bündel brachte. Der Ritter übergab beides der Bäuerin, die gierig danach griff.

„So,“ sprach er, „das kleine Bündel ist für Euch. Der König schickt es, damit Ihr nicht leer ausgeht. Ihr mögt den Sonntagsstaat für Euch und Euren Mann nachher auspacken. Jetzt helft hurtig dieser Jungfrau, daß sie die Kleider, die der König ihr in dem großen Bündel schickt, sogleich anlege, damit die Braut des Königssohnes würdig geschmückt in die Stadt einziehe.“

Die Worte klangen so befehlend, daß die ganz eingeschüchterte Bäuerin nur kleinlaut ihren Dank, aber kein Wort der Widerrede zu sprechen wagte.

Nicht lange, so trat Magdalies abermals aus ihrem Kämmerlein heraus. Doch welche Veränderung war mir ihr vorgegangen! Die Männer verneigten sich ehrerbietig und bewundernd vor der glücklichen Jungfrau, die mit königlichem Anstand, schöner als je, und geschmückt wie eine Prinzessin, daherschritt.

Führwahr, selbst die Bäuerin mußte zugeben, daß weit und breit keine schönere Edeldame gefunden werden könne als die ehemalige Magd, die nun so plötzlich zu solch’ hoher Ehre gelangt war.

Nachdem Magdalies sich freundlich und ohne Groll von dem Bauern und Bäuerin verabschiedet und ihren Zelter bestiegen hatte, erreichte sie mit ihrem Gefolge bald die Stelle, an welcher der Königssohn, ebenfalls hoch zu Roß und mit glänzendem Gefolge, sie erwartete.

Im Schloß wurde die Jungfrau von dem nun ganz gesunden König mit allen Ehren empfangen, und es fand bald eine glänzende Hochzeit statt.

Empfohlene Zitierweise:
Elsbeth Montzheimer: Märchen. Leipziger Graphische Werke AG, Leipzig 1927, Seite 46. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:M%C3%A4rchen_(Montzheimer)_046.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)