Seite:Märchen (Montzheimer) 080.jpg

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Schüchtern pochte sie an die kleine Tür, die sich von selbst öffnete. Der Zwerg schien über ihre Anwesenheit nicht böse zu sein, denn er winkte ihr freundlich, näher zu kommen. Sie grüßte den Kleinen ehrerbietig. Wie fleißig er doch ohne Aufhören schaffte; das Kind stand bewundernd. Dann faßte es sich ein Herz und bat: „Lieber Osterzwerg, sage mit doch den Weg nach meinem Dorf; ich muß mich verirrt haben, und Mutter ängstigt sich, wenn ich so spät heimkomme.“

Osterzwerg schob die Hornbrille hoch und antwortete:

„Kenne dich und kenn’ dein Haus;
Such’ dir nur ein Ei hier aus.“

Da zeigte Hannchen die vom Osterhasen erhaltenen Eier und erzählte, wie sie dazu gekommen war. Doch als der gute Zwerg seine Aufforderung wiederholte, suchte sie sich bescheiden das allerkleinste und in der Farbe unscheinbarste Ei aus.

Da nickte der Zwerg zufrieden lächelnd und riet:

„Leg’s nicht zum großen Hauf’;
Heb’s ganz besonders auf.“

Hannchen folgte gewissenhaft dieser Weisung, dankte auch dem Spender dieser Gabe herzlich.

„Bescheid’nes Kind
Nach Hause find’t,“

lautete Osterzwergs Antwort. Dann warf er ein leuchtend rotes Ei auf den Weg, wo es weiter rollte.

„Mein Eilein, springe munter,
Zu Hannchens Hütt’ hinunter!“

rief er dem flinken Dinge zu, dann zu Hannchen gewandt, rief er:

„Verlier’s nicht aus den Augen;
Zum Führer mag es taugen,
Das bunte Rund-Gesellchen;
Nun folge schnellchen, schnellchen!“

Empfohlene Zitierweise:
Elsbeth Montzheimer: Märchen. Leipziger Graphische Werke AG, Leipzig 1927, Seite 80. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:M%C3%A4rchen_(Montzheimer)_080.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)