Seite:Märchen (Montzheimer) 103.jpg

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vollends zu töten, ehe es ihm mit seinen Krallen oder dem Schweif verderblich werden konnte. Ihm war, als ob seine eigene Kraft sich verdoppelte, ja, verdreifachte, ein Umstand, den er nebst seiner eigenen Anspannung aller Kräfte hauptsächlich dem Zauberschwert zuschrieb, und jedenfalls auch mit Recht. Er bedurfte solcher Kräfte aber auch, das erkannte er, denn die Anstrengung war nicht gering, bis das Tier endlich getötet zu seinen Füßen lag.

Erst jetzt wagte Immo, sich nach seinem getreuen Springmännchen umzublicken, und er konnte einen Jubelruf nicht unterdrücken, als er sah, wie der kleine Mann eben mit aller Kraft einen mächtigen Schlüssel aus einem Mauerloch hervorzog, den er durch ein Zeichen zu nehmen aufforderte. Dann, nach den üblichen Sprüngen, hub er an:

„Hast besiegt den Greif zur Nacht;
Hält nun niemand hier mehr Wacht.
Nun verliere keine Zeit,
Bis die Mägdlein sind befreit,
Bis die Falken auch gerettet,
Die nur so lang’ Zauber kettet,
Als die beiden noch gefangen;
Drum an’s letzte Werk ohn’ Bangen.
Hier der Schlüssel sprengt das Tor –
Steig getrost im Turm empor.“

Immo nahm mit freundlichem Dank den Schlüssel und sprach:

„Du, mein liebes Springmännlein, was du mir bisher geraten, war gut, so will ich auch nun mit Freuden an das letzte Werk gehen. Ohne deine Hilfe hätte ich dieses Ziel nie erreichen können. Werde ich dich noch hier finden, wenn ich die Jungfrauen befreit habe?“

Empfohlene Zitierweise:
Elsbeth Montzheimer: Märchen. Leipziger Graphische Werke AG, Leipzig 1927, Seite 103. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:M%C3%A4rchen_(Montzheimer)_103.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)