Seite:Märchen (Montzheimer) 139.jpg

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und sprach abends zu Regina: „Fleißiges Tagewerk schafft durstige Kehlen; hole uns darum heute zu gutem Gelingen vom alten Aßmannshäuserwein herauf. Eine Kanne für mich, eine für Konrad und eine für Wendelin; du weißt schon, Reginchen. Halt, du magst meinetwegen auch dem Wendelin den Schlüssel anvertrauen, er wird den lange nicht gebrauchten Hahn auch besser drehen können, als Weiberhände dies vermögen.“

Wendelin, der dem Meister schon oft beim Weinabziehen und bei allerlei Hantierung im Keller geholfen hatte, stand denn auch nach wenigen Minuten vor dem Faß, das alsbald von seinem kostbaren Inhalt der ersten Kanne spendete, ebenso der zweiten, die er schnell zu den Wartenden hinauftrug.

Nun war er wieder unten, um bescheiden seine Kanne nur zum Teil zu füllen.

Eben drehte er den Hahn zu, als er hinter sich ein eigentümliches Klappern vernahm, so etwa, als ob ein Mäuslein in Holzpantöffelchen angesprungen käme; dazu wisperte es:

„Kluck, kluck, kluck, kluck, kluck
Läuft es in den Krug, –
Hast noch nicht genug!“ –

Wendelin spähte erschrocken bei dem unsicheren Licht der Oellaterne in die Dunkelheit, doch konnte er nichts entdecken.

Doch da war wieder das Klappern – jetzt ganz nah – klick-klack, klick-klack –, und dabei hörte der Ueberraschte nun ganz deutlich ein feines Stimmchen:

„Schlipp-schlapp, schlipp-schlapp,
Schleicht sich heran
Tripp-trapp, tripp-trapp,
Der Heinzelmann,
Klipp-klapp, klipp-klapp,
Auf Klappersohlen,
Gripp-grapp, gripp-grapp,
Sich Wein zu holen.“

Empfohlene Zitierweise:
Elsbeth Montzheimer: Märchen. Leipzig: Leipziger Graphische Werke AG, 1927, Seite 139. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:M%C3%A4rchen_(Montzheimer)_139.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)