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Offiziere in Worten höchster Bewunderung von der Tapferkeit der französischen Offiziere und Mannschaften sprechen hören. An der Maas und in den Argonnen, wo die Linien sich an einzelnen Stellen auf Hörweite genähert haben, hat sich sogar vielfach eine Art kameradschaftlicher Annäherung und Verständigung zum Zwecke der gegenseitigen Erleichterung des Lebens in den Schützengräben herausgebildet. Diese achtungsvolle Kameradschaft von Feind zu Feind soll in einigen Fällen sogar so weit gegangen sein, daß eine Einschränkung von oben für notwendig befunden werden mußte!

Nach dieser Abschweifung kehre ich zu unserem Vorposten-Abschnitt zurück. Der hier vor einigen Tagen unternommene aber ohne Stoßkraft durchgeführte Angriff der Franzosen wurde deutscherseits leicht und ohne erhebliche Verluste abgewiesen, obwohl er durch ein mehr als einstündiges Streufeuer der Artillerie eingeleitet worden war. Seither herrscht hier an der Front ziemliche Ruhe, nur die Erkundungspatrouillen werden selbstverständlich Tag für Tag hüben und drüben vorgetrieben und fordern einzelne Opfer an Menschenleben. Gestern abend, so erzählt uns der Hauptmann der Vorpostenkompanie, sah man bei einbrechendem Dunkel eine französische Infanteriepatrouille heranschleichen. Der führende Unteroffizier wälzte sich, die Waffe im Munde tragend, auf Händen und Bauch kriechend wie ein Wurm bis auf fünfzig Meter an die auf der Lauer liegende

Empfohlene Zitierweise:
Karl Müller: Kriegsbriefe eines neutralen Offiziers. Velhagen & Klasing, Bielefeld ; Leipzig 1915, Seite 129. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:M%C3%BCllerKriegsbriefe.pdf/133&oldid=- (Version vom 1.8.2018)