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deutsche Feldwache heran — da befahl der Hauptmann Feuer, und mit durchschossenem Kopf lag der Tollkühne tot in seinem Blute. Seine zurückgebliebene Begleitmannschaft entkam im Dunkel. Bei dem Toten fand man einen erst am Tage vorher abgestempelten zärtlichen Brief seiner Gattin, worin sie ihn dringend bat, doch recht vorsichtig zu sein und sich nicht mehr als nötig der Gefahr auszusetzen. — Heute vormittag hat hier der Soldatentod auch einen Reiter einer Kavallerie-Patrouille ereilt, die mit großer Keckheit durch die Vorpostenlinie geritten war und dabei in das Feuer einer Infanterie-Patrouille geriet. Eben bringt der Unteroffizier, der die deutsche Infanterie-Patrouille geführt, die Meldung darüber zurück. Das sind Episoden, die sich hier, wo die Linien einander nicht so nahe gegenüber liegen, wie auf anderen Abschnitten der langen Stellungsfront, fast täglich wiederholen. Für Findigkeit, Tollkühnheit und Schlagfertigkeit ist da ein lohnendes Feld der Betätigung für die vielen, die den Soldatenruhm auch um den Preis des Soldatentodes suchen.

Im Weitergehen besichtigte ich in einem anderen Teil der Vorpostenlinie einige zurzeit nicht besetzte Schützengräben und Batterien, deren tiefer liegende Stellen von Wasser angefüllt sind. Hier bekommt man einen Begriff davon, welche Annehmlichkeiten mit dem Aufenthalt in den Schützengräben zur Regenzeit verbunden sind. Es werden denn auch keine Anstrengungen gescheut, um ihn

Empfohlene Zitierweise:
Karl Müller: Kriegsbriefe eines neutralen Offiziers. Velhagen & Klasing, Bielefeld ; Leipzig 1915, Seite 130. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:M%C3%BCllerKriegsbriefe.pdf/134&oldid=- (Version vom 1.8.2018)