Seite:MüllerKriegsbriefe.pdf/175

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andere sind mitten entzwei geborsten. Fast kein Baum, der nicht mehr oder weniger zersplittert ist. Der Wald ist eine Wüstenei. In einer Buche zeigt uns der Bataillonskommandeur eine französische Gebirgsgeschützgranate, die, ohne zu platzen, unversehrt, mit zwei Dritteln ihrer Länge in den Stamm eingepreßt, stecken geblieben ist.

Die von den Deutschen im Sappenangriff eroberte Bergkuppe setzt sich auf einer Flanke in einem kahlen Rücken fort, der noch im Besitz der Franzosen ist, die von hier aus das schon oben erwähnte Kirchdorf beherrschen und öfters beschießen. Verschiedene Dorfbewohner sind dem Feuer zum Opfer gefallen. Ein Mann wurde auf dem offenen Felde beim Kartoffelgraben erschossen. Zwei Mädchen im Alter von sechzehn und achtzehn Jahren und zwei Kinder traf das tödliche Blei auf der Straße. Jetzt ist das Dorf wenigstens gegen Infanteriefeuer gesichert. Um eine gefahrlose Verbindung zwischen den Quartieren der Reserve und der Besatzung der Schützengräben zu schaffen, haben die Deutschen auf eine Länge von mehreren hundert Metern einen Laufgraben erstellt und den Weg zum Dorfe durch eine lange Blendung gedeckt. Diese Blendung besteht aus Kisten und Bretterwänden, die mit Sand gefüllt sind. Sechshundert Kisten sind dafür verwendet worden. Alle diese Arbeiten sind selbstverständlich nur zur Nachtzeit ausgeführt worden. Während wir im Laufgraben und hinter den Blenden dem Dorfe zuschritten, pfiffen über unsere Köpfe die

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Karl Müller: Kriegsbriefe eines neutralen Offiziers. Velhagen & Klasing, Bielefeld ; Leipzig 1915, Seite 171. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:M%C3%BCllerKriegsbriefe.pdf/175&oldid=- (Version vom 1.8.2018)