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Im Laufe des heutigen Nachmittags haben die Franzosen zum ersten Male seit den Gefechten vom 7. und 8. Januar wieder ein lebhaftes Artilleriefeuer gegen Ober-Burnhaupt und Exbrücke eröffnet. Ich genieße den Vorzug, es aus einem weite Rundsicht[ [Korrektur für: Rundsucht]] bietenden Beobachtungs- und Befehlsstand verfolgen zu dürfen. Die Stellung einer französischen Batterie in einer Mulde hinter dem Walde bei Nieder-Sulzbach ist an einer schwachen Rauchentwicklung deutlich erkennbar. Ober-Burnhaupt ist das Hauptziel der Beschießung, ein weißes Wölklein, von einem Schrapnellschuß herrührend, schwebt alle Augenblicke über dem Dorfe. Es ist erheblich weniger gemütlich in dem Dorfe, als heute vormittag, wo ich sorglos mit dem Major das Dorf und seine Umgebung durchschlenderte und mir das Nacht- und Ortsgefecht schildern ließ. Die deutschen Batterien antworten den französischen. Im Beobachtungsstand erfahre ich, mit welch peinlicher Vorsicht die Beobachter sich benehmen, um sich der feindlichen Aufmerksamkeit zu entziehen. Keine Hand, kein Gesicht darf sich der Luke nähern, zurückgebeugt in Halbdunkel streift der Beobachter mit seinem Feldstecher das Gesichtsfeld ab. Der Schimmer einer weißen Hand, eines Gesichts, das Glas eines Feldstechers könnte den Stand dem feindlichen Beobachter verraten. Denn sie beobachten verteufelt gut, sagte der Offizier warnend zu mir, als ich in harmloser Unvorsichtigkeit Hand und Gesicht und Feldstecher dem Ausguckloch zu sehr |||

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Karl Müller: Kriegsbriefe eines neutralen Offiziers. Velhagen & Klasing, Bielefeld ; Leipzig 1915, Seite 235. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:M%C3%BCllerKriegsbriefe.pdf/239&oldid=- (Version vom 1.8.2018)