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da, wo ihn seine Befähigung hinweist oder, wenn das nicht angeht, da, wo man ihn überhaupt verwenden kann. Mein neuer Bekannter, der Afrikamaler, jetzt Kriegsmaler Vollbehr, erzählt mir im Verlaufe der Fahrt, daß im deutschen Heere u. a. als Kraftwagenführer ein Staatssekretär dient, dem in seiner amtlichen Stellung der Titel Exzellenz zukommt. Führt er nun einen Offizier, der ihn kennt, so lautet wohl der Befehl: Bitte, Exzellenz, fahren Sie weiter. — Bitte, Exzellenz, Sie fahren zu schnell. — Bitte, Exzellenz, halten Sie an. Es kann aber auch der Fall eintreten, daß Exzellenz einen ihm völlig unbekannten Offizier fahren muß. Wird dann irgendwo ein Halt gemacht und eingekehrt, so sagt wohl der Offizier zum Wirt: Bitte, geben Sie dem Fahrer auch ein Glas Bier. Das soll, so versichert mich mein Begleiter, vorgekommen sein.

Durch grauen, nassen Nebel geht die Fahrt nach Mainz. Zahlreiche Arbeiter begegnen uns, zu Fuß oder auf dem Fahrrad, zu ihrer Arbeit eilend. Sie und die rauchenden Fabrikschlote zeugen dafür, daß das deutsche Wirtschaftsleben auch im Kriege nicht stille steht. Über Bingen gewinnen wir auf prächtiger Landstraße die wellige Hochebene des Hunsrück. Jetzt dringt die Sonne hie und da durch den Nebel und zeigt uns die in bunten Herbstfarben prangenden Wälder, die wohlbebauten Felder. Ochsengespanne begegnen uns, hier und dort lenkt ein Bauer den Pflug

Empfohlene Zitierweise:
Karl Müller: Kriegsbriefe eines neutralen Offiziers. Velhagen & Klasing, Bielefeld ; Leipzig 1915, Seite 38. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:M%C3%BCllerKriegsbriefe.pdf/42&oldid=- (Version vom 1.8.2018)