Seite:Maehrchenkranz fuer Kinder 002.jpg

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„Gleich werde ich euch herausziehen!“ sagte Gretchen, und trat an den Backofen. Geschickt langte sie die Brote hervor, und legte sie auf ein Brett, welches daneben lag. Dann ging sie weiter, und ihr Weg führte sie zu einem Pflaumenbaume, unter welchem viele Früchte unaufgelesen im Grase umherlagen. Diese aber riefen:

Werden wir nicht aufgenommen,
So müssen wir umkommen!

„Gleich werde ich euch auflesen!“ sagte Gretchen, sammelte die Pflaumen in ein Körbchen, das sie unter dem Baume stehen sah, und ging weiter. Da kam sie in den Blumengarten der Frau Holle, und sah zwei schöne Nelken auf dem Beete am Wege stehen, die ließen betrübt ihre Köpfchen hangen, denn sie hatten lange keinen Regen gehabt, und klagten:

Wer kommt, uns zu sprengen!
Sonst wird uns die Sonne versengen!

„Gleich werde ich euch begießen!“ rief Gretchen, und nahm eine kleine Gießkanne, welche dabei stand, damit lief sie an den Bach, und besprengte die welkgewordenen Nelken.

Hierauf ging sie weiter, und sah mitten unter Rosengebüsch und schattigen Linden ein freundliches Haus stehen, welches die Wohnung der Frau Holle war. Da die Thüre offen stand, dachte sie: Du mußt doch einmal hineingehen, und sehen, ob da Einer wohnt? Sie trat auf den Hausflur, und rief, ob jemand da wäre? Da sie aber niemanden sah, auch keine Antwort erhielt, so ging sie weiter vorwärts in die Küche. Auch hier war kein lebendiges Wesen zu sehen oder zu hören. Mit klopfendem Herzen ging sie in die Wohnstube, auch die war leer; dann in die Schlafstube – nirgend eine Seele! Daraus schloß sie, daß die Hausfrau ausgegangen seyn müßte, und zwar gleich früh