Seite:Maehrchenkranz fuer Kinder 006.jpg

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Werden wir nicht aufgenommen,
So müssen wir umkommen! –

Die faule Liese kehrte sich nicht daran, sondern sprach: „Liegt ihr nur, bis ihr verfault, ich werde mir um euretwillen keinen krummen Rücken machen!“ – und ließ sie liegen.

Als sie an das Nelkenbeet kam, riefen ihr die verdorrenden Blumen entgegen:

Wer kommt, uns zu sprengen!
Sonst wird uns die Sonne versengen! –

Sie aber sagte höhnisch: „Das wäre mir gerade recht, daß ich mir die Kleider naß machte!“ und ging vorbei. Als sie an das Haus der Frau Holle kam, ging sie ganz dreist durch Hausflur, Küche, Stube und Kammer, und da sie niemand darin fand, so legte sie sich auf das Bett der Frau Holle, um sich auszuruhen.

Als diese nun nach Hause kam, verwunderte sie sich, ein fremdes Mädchen auf ihrem Bette liegen zu sehen, und fragte sie, wer sie wäre? Da sagte sie, sie wäre in den Brunnen gefallen, und als sie wieder zu sich gekommen, so hätte sie sich in diesem fremden Garten befunden. Sie möchte ihr doch sagen, bei wem sie wäre? Da antwortete ihr die Alte, daß sie die Mutter Holle wäre, die den Reif auf die Erde streute, und die Schneeflocken fallen ließe.

„Kann ich wohl bei Euch bleiben?“ fragte hierauf das faule Lieschen; und als es ihr die Frau Holle unter der Bedingung erlaubte, daß sie gut und fleißig wäre, so gelobte sie Alles. Aber sie hielt ihr Wort schlecht. Denn wie sie es zu Hause angefangen hatte, so setzte sie es hier fort. Des Morgens wollte sie nicht aus dem Bette; zu jeder Arbeit mußte sie getrieben werden; die Stube fegte sie nur halb rein; die Betten schüttelte sie nicht auf; das Geschirr, das