Seite:Maehrchenkranz fuer Kinder 007.jpg

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sie scheuerte, blieb blind und schmutzig; einen Topf über den andern warf sie entzwei, und bei Allem, was sie that, verunreinigte sie dermaßen ihre Kleider, daß man sich vor ihr ekeln mußte. Dazu war sie noch naseweis, und als einmal die Frau Holle sie wegen ihrer großen Unordentlichkeit und Faulheit ausschalt, sagte sie ganz trotzig, sie möchte sie nur zu ihrer Mutter zurückschicken, wenn sie es ihr nicht recht machte.

„Lieber heute, als morgen!“ antwortete ihr Frau Holle. „Mache nur, daß Du fortkommst: denn ich habe von Dir mehr Schaden als Vortheil, und mehr Verdruß als Freude gehabt.“

Da sprach die verzogene Liese: „Ich bitte mir aber zuvor meinen Lohn dafür aus, daß ich so lange bei Euch gedient, und das Haus in Ordnung gehalten habe.“

„Den sollst Du haben!“ erwiederte die Frau Holle. „Komm nur mit in den Garten!“ – Da freute sich Lieschen, und meinte, daß nun der Gold- und Perlenregen auf sie fallen würde.

Als sie nun in den Garten gekommen waren, befahl ihr die Frau Holle, daß sie sich unter einen Baum stellen sollte, den sie ihr anzeigte. Als sie dies gethan hatte, schüttelte sie den Baum; aber keine Goldblätter oder Perlen fielen herab, sondern – Pech und Koth; der setzte sich so fest und dick um ihr Kleid, wie ein Mantel, und nachdem dies geschehen war, fiel sie in einen tiefen Schlaf. Als sie erwachte, befand sie sich richtig wieder in ihres Vaters Garten, dicht neben dem Brunnen, in welchen sie sich mit Fleiß gestürzt hatte. Sie sah sich nach allen Seiten um; da sie aber keinen Menschen erblickte, so nahm sie ihren Weg nach dem Hause ihrer Aeltern. Durch die Gartenthüre trat sie jetzt auf den Hof; aber auch hier sah sie niemand, denn sie saßen Alle in der Stube, und aßen Mittagbrot.