Seite:Maehrchenkranz fuer Kinder 020.jpg

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sprechen, und sagte: „Fürchtet euch nicht, ich thue euch nichts zu Leide, ich will mich nur ein wenig an eurem Feuer wärmen!“ – „So leg’ dich nur da hin!“ antwortete die Mutter, und rief die Kinder, und sprach: „Schneeweißchen! Rosenroth! kommt nur her, der Bär thut euch nichts, er meint’s ehrlich.“ Da kamen die Kinder herbei, und das Lämmchen und das Täubchen verloren auch die Furcht, und näherten sich. Nach einem Weilchen sagte der Bär: „Seyd doch so gut, ihr Kinder, und klopft mir den Schnee aus meinem Pelzwerk heraus.“ Sie holten den Besen, und kehrten den Bär ab, der streckte sich hin, und brummte ganz vergnügt. Sie wurden endlich recht vertraulich mit einander; sie zauseten sein Fell mit den Händen, oder setzten ihre Füßchen auf ihn, und walgerten ihn hin und her; oder holten eine Gerte, und schlugen damit auf ihn los. Der Bär ließ sich dies Alles gefallen, nur wann sie’s gar zu arg machten, rief er: „Laßt mich nur am Leben,

Schneeweißchen, Rosenroth,
Schlägst dir den Freier todt!“

Als Schlafenszeit war, und die Mutter mit den Kindern zu Bette ging, sagte jene zum Bär: „Du kannst in Gottes Namen da am Heerd liegen bleiben, so bist du vor dem Wetter geschützt.“ Am andern Morgen, als es Tag war, ließen ihn die Kinder wieder hinaus, und er trabte, über den Schnee fort, in den Wald.

Von nun an kam der Bär jeden Abend zu der bestimmten Stunde, und legte sich an den Heerd, und sie waren so gewöhnt an ihn, daß des Abends nicht eher zugeriegelt wurde, als bis der schwarzbraune Gast angelangt war.

Als das Frühjahr herangekommen, und draußen Alles grün war, sagte der Bär eines Morgens: „Nun muß ich fort, und darf den ganzen Sommer nicht wieder kommen.“ Da fragte Schneeweißchen: „Wo gehst du hin?“ –