Seite:Maehrchenkranz fuer Kinder 122.jpg

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den Mörder in’s Verhör, und ließ ihn, da er sein Verbrechen eingestanden, von der Brücke in’s Wasser stürzen, wo er auch ertrank. Die Gebeine des Bruders ließ er auf dem Gottesacker vor der Stadt begraben, und Blumen auf das Grab pflanzen, welche die Königstochter mit ihren Thränen begoß. Von Stund’ an aber hörte die Flöte auf zu singen, man mochte darauf blasen, so viel man wollte.


20.
Der Knabe und der Vogel.

In einer großen Handelsstadt lebte einmal ein reicher Kaufmann, dem zu seinem Glücke nichts weiter fehlte, als ein Sohn, denn er hatte keine Kinder. Endlich wurde er auch dieses Glückes theilhaftig; seine Frau gebar ihm einen lieben muntern Knaben, zur Freude des ganzen Hauses.

Als nun das Tauffest gehalten wurde, erschien auch eine Fee, um dem Täufling ihre Geschenke darzubringen. Sie trat zu den Aeltern, und sagte: „Ich könnte ohne Mühe die ganze Wiege eures Kindes mit den köstlichsten Edelsteinen, Diamanten, Rubinen, Saphiren und Smaragden überschütten; aber ihr seyd schon reich genug. Reichthum, ohne die Gabe, ihn nützlich anzuwenden, macht nicht glücklich; darum beschenke ich euern Sohn mit Lebhaftigkeit des Geistes und schneller Fassungsgabe. Dies Beides wird ihn in den Stand setzen, sich nicht nur einen Schatz trefflicher Kenntnisse zu erwerben, sondern die erworbenen Kenntnisse auch gehörig anzuwenden!“

Hierauf verschwand die Fee. – Der Vater, ein eifriger Handelsmann, war mit diesem unsichtbaren Angebinde der Fee nicht ganz zufrieden, und meinte zu seiner