Seite:Maehrchenkranz fuer Kinder 139.jpg

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an ihre künftige Ehegatten schrieben, und von den Briefen, die er wieder mit zurücknahm, ein gar großes Geld; wie er denn auch vom König sehr ansehnlich belohnt wurde. Hierauf kehrte er wieder zu den Seinigen zurück, versorgte sie reichlich, und lebte mit ihnen noch lange in Wohlstand und Freude.


22.
Schneewittchen.

Es saß einmal eine Königinn zur Winterszeit, als draußen Schnee lag, am Fenster, und stickte an einem Tuche, das in einem Rahmen von schwarzem Ebenholz gespannt war. Da stach sie sich mit der Nähnadel in den Finger, daß es blutete, und machte das Fenster auf, und ließ das Blut auf den Schnee tropfen. Und weil das Rothe in dem Weißen so schön aussah, so dachte sie: Hätte ich doch ein Kind, so weiß, wie Schnee, so roth, wie Blut, und die Augen so schwarz, wie dieser Rahmen! Und bald darauf bekam sie ein Töchterlein, das war so weiß wie Schnee, so roth wie Blut, und hatte Augen so schwarz wie Ebenholz, darum wurde es Schneewittchen genannt.

Aber bald starb ihre Mutter; da nahm die Schwester derselben, welche auch eine Königinn war, dieselbe zu sich an Kindes Statt, denn sie hatte keine eigenen Kinder.

Anfangs hatte Schneewittchen es recht gut bei ihr, und würde es auch immer so gut gehabt haben, wenn sie nicht so überaus schön gewesen wäre. Das gönnte ihr aber die Königinn nicht; denn bisher war sie die Allerschönste im Lande gewesen, und wollte es auch bleiben.

Sie hatte aber in ihrer Schlafstube einen Spiegel,