Seite:Maehrchenkranz fuer Kinder 198.jpg

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den meine Tochter Hulda erzählte. Er bedeutet mir etwas Außerordentliches, und ich befehle Euch, sie auf der Stelle in den Wald zu führen, und dort um’s Leben zu bringen. Zum Beweise aber, daß Ihr meinen Befehl befolgt habt, bringt mir ihre Zunge und ihr Herz; und wenn Ihr mich betrügt, so wartet die schrecklichste Strafe auf Euch.“

Der Hauptmann war erschrocken, als er diesen Befehl vernahm; aber er wagte nicht zu widersprechen, sondern antwortete, daß er die Prinzessinn sogleich wegführen, sie erwürgen, und ihm dann ihr Herz und ihre Zunge bringen wolle.

Er begab sich sogleich in das Zimmer der Prinzessinn, und meldete ihr, daß der König sie zu sprechen verlange. Da erhob sich Hulda eiligst aus ihrem Bette, denn der Tag war noch nicht angebrochen, und folgte dem Hauptmann in den Garten. Da sie aber den König im Garten nicht fanden, und der Hauptmann vorgab, er möchte vielleicht in den Wald hinaus spaziert seyn, so gingen sie auch in den Wald hinein, immer vorwärts. Endlich, nachdem sie schon über eine Stunde gegangen waren, und der Tag heraufdämmerte, blieb der Hauptmann stehen, und sagte zu der Prinzessinn: „Gnädigste Prinzessinn, mir ist von dem Könige, Euerm Vater, ein schrecklicher Befehl zugekommen, der Befehl nämlich, Euch zu erwürgen, und ihm Euer Herz und Eure Zunge zu bringen. Mein Tod ist gewiß, wenn ich ihm ungehorsam bin.“

Die arme Prinzessinn war vor Schreck ganz außer sich; sie erblaßte, und Thränen rollten über ihre Wangen. „Ach,“ sagte sie zu dem Hauptmanne, und sah ihn mit Augen an, die einen Felsen hätten rühren können; „ach! solltet Ihr wohl den Muth haben, mich zu tödten, da ich Euch niemals das mindeste zu Leide gethan habe? Und womit habe ich denn den Haß meines Vaters verschuldet, daß