Seite:Maehrchenkranz fuer Kinder 204.jpg

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versagen sollen. Nur machte er ihr zur Bedingung, daß sie ihn nicht vergessen, sondern in Kurzem zu ihm zurückkehren möchte, weil er ohne sie nicht mehr leben könnte.

Das versprach sie auch, und fuhr darauf, prächtig geschmückt, in einer glänzenden Kutsche, und von einer zahlreichen Dienerschaft begleitet, nach dem königlichen Schlosse. Die ganze Versammlung erhob bei ihrem Anblick ein großes Freudengeschrei, und alle drängten sich zu ihr, um sie in der Nähe zu sehen und zu bewundern.

Niemand aber war vergnügter, als der König. Er wandte kein Auge von ihr, und befahl sogleich, alle Thüren fest zuzuschließen, damit sie nicht wieder entkommen könnte. Als die Trauhandlung zu Ende war, und die Lustbarkeiten beginnen sollten, stand die Prinzessinn eilig auf, um sich unter der Menge zu verlieren, und dann sich heimlich zu entfernen; aber wie bestürzt war sie, als sie alle Thüren verschlossen fand!

Der König näherte sich ihr mit der größten Freundlichkeit, und bat sie sehr ehrerbietig und herablassend, ihm das Vergnügen, sie zu sehen, nicht so schnell zu entziehen, sondern das Fest, welches er den Prinzen und Prinzessinnen gebe, durch ihre Gegenwart zu verschönern. Hierauf führte er sie in einen prächtigen Saal, wo der ganze Hof versammelt war, nahm ein goldenes Waschbecken, und ein Gefäß mit Wasser, und reichte es ihr dar, um sich die Hände zu waschen. In diesem Augenblick war sie ihrer Empfindungen nicht mehr mächtig; sie warf sich zu des Königs Füßen, umfaßte seine Knie, und sagte: „Mein Traum ist erfüllt, Ihr habt mir an dem Hochzeittage meiner Schwester Waschwasser angeboten, ohne daß Euch ein Unglück widerfahren wäre.“

Ohne Mühe erkannte jetzt der König seine Tochter Hulda, deren Züge ihm noch lebhaft vor Augen schwebten.