Seite:Maehrchenkranz fuer Kinder V05.jpg

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Schon eine flüchtige Beobachtung lehrt uns, daß in den früheren Jahren des Lebens die Phantasie am kräftigsten sich regt, und daß das Wunderbare und Außerordentliche ihre eigentlichste Nahrung zu seyn scheint.

Die Phantasie ist dem Menschen vom Schöpfer als eine freundliche Gespielinn seines Geistes, als die vertrauteste Gesellschafterinn durchs Leben zugesellt; und in dem Triebe zum Wunderbaren liegt der Keim zur Vorahnung eines Höheren und Unendlichen außer uns, welche wiederum die Grundlage aller Religion ist.

Dieser, von dem weisesten Schöpfer selbst gemachten Einrichtung dürfen wir nicht, als etwas Fehlerhaftem, entgegenarbeiten, wir müssen vielmehr die zu höheren Zwecken dem Geiste verliehenen Anlagen mit gebührender Achtung und Sorgfalt bilden und leiten, damit sie nicht, sich selbst überlassen, ausschweifen und entarten, oder endlich ganz verloren gehen.

Und hierzu bietet sich uns kein kräftigeres und zweckmäßigeres Mittel dar, als eben das Mährchen, welches in dem Kindheitsalter der Völker entstanden, dem aufwachenden geistigen Leben des Kindes ganz vorzüglich zusagt, und seinem Bedürfniß befriedigend entgegen kommt.