Seite:Max Weber - Der Nationalstaat und die Volkswirtschaftspolitik Seite 03.jpg

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so zeigen uns die Ziffern der bisher zuletzt publizierten[1] Bevölkerungsaufnahme von 1885 ein merkwürdiges Bild. Aus dieser Aufnahme können wir zwar die nationale Zusammensetzung der Gemeinden nicht direkt, wohl aber – wenn wir uns mit einer nur annähernden Richtigkeit der Ziffern zufrieden geben – indirekt entnehmen: durch das Mittelglied der Konfession, die innerhalb des für uns in Betracht kommenden national gemischten Gebietes mit der Nationalität bis auf wenige Prozente zusammentrifft. Scheiden wir die ökonomischen Kategorien der Bauerndörfer und der Rittergüter in den einzelnen Gegenden, indem wir sie, gleichfalls ungenau, mit den Kommunaleinheiten[2] der Landgemeinden bezw. Gutsbezirken identifizieren, so zeigt sich, daß sie sich je nach der Bodengüte in Bezug auf ihre nationale Zusammensetzung entgegengesetzt von einander verhalten: in den fruchtbaren Kreisen sind die Katholiken, d. h. die Polen, relativ am stärksten auf den Gütern und die Evangelischen, d. h. die Deutschen, in den Dörfern zu finden, – und gerade umgekehrt steht es in den Kreisen mit schlechtem Boden. Faßt man z. B. die Kreise mit unter fünf Mark Durchschnittssteuerreinertrag pro Hektar zusammen, so sind in den Dörfern nur 35,5 %, auf den Gütern 50,2 % Evangelische, nimmt man dagegen die Kreisgruppe, welche 10 bis 15 Mark Durchschnittssteuerreinertrag pro Hektar umfaßt, so sind die Evangelischen in den Dörfern mit 60,7 %, auf den Gütern


  1. „Gemeindelexikon“ Berlin 1887.
  2. Für die soziale Schichtung ist diese Verwaltungseinteilung dennoch charakteristischer als die Zugrundlegung der Betriebsverteilung. In der Ebene sind Gutsbetriebe unter 100, auf der Höhe Bauernbetriebe über 200 Hektar nichts seltenes.