Seite:Meier Volksmärchen aus Schwaben 090.jpg

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das war die Prinzessin und war überaus glücklich, als sie den fremden Prinzen wieder erblickte und meinte, daß sie noch nie einen so schönen Mann gesehen habe. Als die Predigt aber aus war und der Prinz abermals sogleich davonfuhr, da eilte sie zu ihrem Vater und ward sehr zornig und machte ihm Vorwürfe, daß er den Prinzen nicht sogleich zur Tafel habe einladen laßen. Allein der Vater tröstete sie und sprach: „nachdem er zwei Mal dagewesen, wird er auch wohl zum dritten Mal wiederkommen, wenn er überhaupt ein gutes Aug auf Dich haben sollte und nicht schon längst, wie ich fast vermuthe, verheirathet ist.“ Das machte die Tochter ganz wehmüthig und sie konnte die Zeit kaum abwarten, wo es wieder Sonntag war.

Endlich war die Woche herum und der Vize-König schickte seinen ersten Minister hinaus, daß sie den fremden Prinzen, wenn er wieder zur Kirche kommen sollte, mit allen Ehren empfangen und zur königlichen Tafel einladen möchten. – Das geschah denn auch; er wurde mit Musik eingeholt und zur Tafel eingeladen, was er annahm, und fuhr, sobald die Predigt aus war, vor’s königliche Schloß. Dort wurde er von allen, besonders aber von der Prinzessin, überaus freundlich empfangen. – Als es nun zur Tafel gieng, fragte ihn der König noch mit aller Höflichkeit nach seinen Namen. „Ich bin der Prinz – von Schwarzdorf,“ gab er zur Antwort, wie es ihm sein Herr geheißen hatte; denn er war ja aus Schwarzdorf gebürtig.

Nachdem sie nun mit einander gegeßen, getrunken und allerlei Scherz und Kurzweil getrieben hatten und der Vize-König

Empfohlene Zitierweise:
Ernst Meier: Deutsche Volksmärchen aus Schwaben. Scheitlin, Stuttgart 1852, Seite 90. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meier_Volksm%C3%A4rchen_aus_Schwaben_090.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)