Seite:Meier Volksmärchen aus Schwaben 091.jpg

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wohl merkte, daß der fremde Prinz in seine Tochter ebenso verliebt war, als sie in ihn, so sprach er: „Ich bin nun alt und hab das Regieren satt, bin daher Willens, meiner Tochter einen Mann zu geben, der mein Nachfolger sei, und dazu hab ich Dich ausersehen, mein lieber Prinz! und würde mich freuen, wenn Du mein Tochtermann werden wolltest.“ – Der Prinz von Schwarzdorf besann sich nicht lang, sondern willigte sogleich mit Freuden ein und verlobte sich mit der schönen Prinzessin. Alsbald wurde auch Hochzeit gehalten und er ward Vize-König von Böhmen und lebte überaus glücklich mit seiner Gemahlin.

So waren ihm bereits schnell mehre Jahre hingegangen. Da gedachte der junge Vize-König in seinem Glücke auch an seine Eltern in Schwarzdorf, und ließ eines Tags einen Wagen mit Geld und Gut packen, nahm Abschied auf einige Wochen von seiner lieben Frau und begab sich auf den Weg nach Schwarzdorf. Als er aber unterwegs durch einen finsteren Wald kam, wurde er von Räubern überfallen; die nahmen sein Geld, verbanden ihm die Augen und führten ihn so in ihre Höhle. Zum Glück war der Räuberhauptmann gerade krank, sonst wäre er wohl nicht mit dem Leben davon gekommen; jetzt aber begnügte man sich damit, daß man ihm die schönen Kleider auszog und ihm dafür alte, abgetragene Lumpen gab, womit er seine Blöße decken konnte; und so führten sie ihn wieder ins Freie und ließen ihn laufen.

Jetzt war er wieder so arm und elend als früher, da er von Haus geflohen war, und wußte gar nicht, was er

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Ernst Meier: Deutsche Volksmärchen aus Schwaben. Scheitlin, Stuttgart 1852, Seite 91. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meier_Volksm%C3%A4rchen_aus_Schwaben_091.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)