Seite:Meier Volksmärchen aus Schwaben 094.jpg

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derselbe, mit dem die Vize-Königin auch den Priester eingeschläfert hatte.

Als sie nun alle schliefen, nahm die Vize-Königin ein Schwert und hieb den fünf und zwanzig Räubern der Reihe nach den Kopf ab, gieng darauf zu dem kranken Hauptmann und fuhr ihm mit den Fingern kitzelnd über die Fußsohlen, so daß er erwachte und die Augen aufschlug, und dann sprach sie zu ihm: „Jetzt will ich Dir beichten, daß ich die Vize-Königin von Böhmen bin; sag Du mir nur, wie die Kleider, die da hängen, hieher gekommen sind?“ Da sprach er: „Wenn ihr die Vize-Königin seid, so sind das die Kleider eures Gemahls; die haben meine Leute ihm abgenommen; ihm selbst aber ist kein Haar gekrümmt worden, und also ist er weiter gezogen in andern Kleidern.“ – „Dann ist es gut!“ sprach sie, hob das Schwert und schlug auch dem Räuberhauptmann den Kopf herunter, nahm sodann die Kleider ihres Gemahls und alle Schätze, die in der Höhle waren und lud sie auf den Wagen und fuhr schnell weiter auf Schwarzdorf zu.

Wie sie nun in das Dorf kam, wurde gerade Kirchweih gehalten. In dem Wirthshause aber, wo sie bleiben wollte, war es so voll und unruhig, daß der Wirth zu seinem Nachhar lief und den fragte, ob er nicht einen fremden geistlichen Herrn über Nacht behalten wollte. Ja, das wollte er wohl; und so führte der Wirth den Gast zu seinem Nachbar, der ein Kohlenbrenner war. Dieser grüßte den Geistlichen freundlich und lud ihn sogleich zum Abendeßen ein; und als sie mit einander gegeßen hatten, seufzte

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Ernst Meier: Deutsche Volksmärchen aus Schwaben. Scheitlin, Stuttgart 1852, Seite 94. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meier_Volksm%C3%A4rchen_aus_Schwaben_094.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)