Seite:Meier Volksmärchen aus Schwaben 127.jpg

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Als sie darauf in das Schloß zurückgieng, kam ihr sogleich das schwarze Männlein entgegen und sagte: „ach, was hast Du gethan! was hast Du gethan! – aber erlösen mußt Du mich dennoch!“ Und dabei griff er ihr in den Mund und faßte ihre Zunge und ratsch! war sie abgeschnitten. Da versank plötzlich das Schloß in die Erde, und das Mädchen stand ganz allein und verlaßen da und hatte viele Schmerzen. Dann lief sie überall umher und kam in einen Wald und mußte von Kräutern leben, weil sie keine andere Nahrung finden konnte.

Da geschah es eines Tags, daß ein Graf in dem Walde Jagd anstellte und das Mädchen fand und es fragte: wo es her sei? Allein es konnte auf alle Fragen nicht ein einziges Wort erwiedern und nur durch Zeichen andeuten, daß es nicht reden könne; dem Grafen aber gefiel es so gut, daß er es mit auf sein Schloß nahm. Da schrieb es nun Alles auf, was ihm von Anfang an begegnet war, worüber der Graf ein großes Mitleid bezeigte und das junge Mädchen, das alle Tage schöner wurde, endlich so lieb gewann, daß er es zu seiner Frau nahm.

Da stand es kaum ein Jahr an, da gebar sie ihm ihr erstes Kind. Bevor das Kind aber getauft werden konnte, ließ der Graf jede Nacht wachen und ließ Lichter brennen, damit nicht etwa böse Geister es stehlen oder einen Wechselbalg dafür einlegen möchten. Aber dennoch kam das schwarze Männlein und holte das Kind, ohne daß die Wächter es hindern konnten. Darüber wurde der Graf sehr zornig und gab sich erst einigermaßen zufrieden, als seine Frau bald

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Ernst Meier: Deutsche Volksmärchen aus Schwaben. Scheitlin, Stuttgart 1852, Seite 127. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meier_Volksm%C3%A4rchen_aus_Schwaben_127.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)