Seite:Meier Volksmärchen aus Schwaben 150.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

in die Stadt, woselbst mein Grabmal ist! Dort gib Dich für einen Maler aus, und man wird Dich alsbald in das königliche Schloß bestellen und Dir ein Zimmer zum Bemalen übergeben. Dann mußt Du aber Niemand bei Dir dulden, mußt die Thür verschließen und den Oberflügel des Fensters aufmachen. Für das Weitere will ich dann schon sorgen.“ Nachdem der Vogel dieß gesagt hatte, flog er fort.

Nun benutzte Karl die erste Gelegenheit, um nach der Hauptstadt des Königs zu fahren und kam glücklich dort an. Da war ein großer Jubel in der Stadt; denn überall sprach man von der Vermählungsfeier des Prinzen mit der Prinzessin, und die ganze Stadt sollte festlich geschmückt werden.

Als Karl in’s Wirthshaus trat, fragte ihn der Wirth, wo er herkomme? „Ich komme aus England, und bin ein Maler.“ „Ei, sagte der Wirth, da kommt ihr ja grade recht; denn unser Hofmaler hier sucht schon seit einigen Tagen einen Gehülfen, der ihm einige Zimmer im Schloße bemalen helfen soll.“ Und sogleich schickte der Wirth zu dem Hofmaler und ließ ihm melden, daß ein fremder Maler bei ihm angekommen sei. Darüber war der Hofmaler sehr froh und kam auf der Stelle selbst und nahm ihn mit in das Schloß.

Nun wünschte aber Karl, daß er allein ein Zimmer erhalte, wo er malen solle, was der Andere gern zugab und ihn allein ließ. Darauf schloß Karl die Thür zu, öffnete den obern Flügel des Fensters und sah hinaus in die Luft und guckte und guckte, daß ihm Zeit und Weile lang wurde

Empfohlene Zitierweise:
Ernst Meier: Deutsche Volksmärchen aus Schwaben. Scheitlin, Stuttgart 1852, Seite 150. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meier_Volksm%C3%A4rchen_aus_Schwaben_150.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)