Seite:Meier Volksmärchen aus Schwaben 167.jpg

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Wünsche verschwenden und immer noch für den Nothfall einen aufsparen.“ Sodann sagte sie ihr weiter, sie solle durch den Wald zu einer hohen Herrschaft gehen und dort als Dienstmagd sich verdingen. Ja, damit war die junge Gräfin wohl zufrieden und machte sich sogleich auf den Weg dahin.

Unterwegs aber traf sie ein Bauermädchen, die hieß Kätterle und hatte ganz gewöhnliche Kleider an. Weil sie nun besorgt war, daß man sie in ihren vornehmen Kleidern nicht leicht als Dienstmagd nehmen würde, so fragte sie das Kätterle, ob sie nicht Lust habe, die Kleider umzutauschen und die ihrigen dafür anzuziehen? Ja, dem Kätterle war es ganz recht, und so gab die junge Gräfin ihren ganzen Anzug hin, und zog dafür die Bauernkleider an. Dann wanderte sie allein weiter durch einen großen Wald und kam zu einem Schloße, darin wohnte eine vornehme Herrschaft, bei der fragte sie an, ob man keine Dienstmagd brauche? O ja, die könnte man wohl brauchen, hieß es; allein die Gräfin sah doch gar zu jung und zu zart aus, so daß man sie anfangs nicht nehmen wollte. Weil sie indes nur sehr wenig Lohn forderte und versprach, daß sie jede Arbeit im Hause und in der Küche thun wolle, so behielt man sie endlich doch. Und da mußten nun ihre weißen Händchen die härteste Arbeit verrichten und wurden auch ganz hart und braun davon. Auch ihre Kleider sahen zuletzt von der Arbeit ganz schmierig und schmutzig aus, – denn neue konnte sie sich nicht anschaffen, – so daß sie deshalb die Wohnzimmer der vornehmen Herrschaft niemals betreten durfte.

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Ernst Meier: Deutsche Volksmärchen aus Schwaben. Scheitlin, Stuttgart 1852, Seite 167. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meier_Volksm%C3%A4rchen_aus_Schwaben_167.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)