Seite:Meier Volksmärchen aus Schwaben 191.jpg

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möge, wie er in dieser Zeit das Herz seiner Tochter gewinne; denn sonst werde es ihm unfehlbar das Leben kosten, sagte er. –

Ferdinand blieb gutes Muthes und dachte, es ist wahr, Du mußt Dich jetzt wohl nach der Prinzessin umsehen, und gieng zu einem Goldschmid, der war so geschickt wie kein anderer Meister in der ganzen Welt, und bestellte bei ihm einen goldenen Hirsch, ganz so groß wie ein rechter Hirsch, mit großem, zackigem Geweih; im Innern aber sollte der Hirsch hohl sein, so daß ein ausgewachsener Mann sich darin verbergen könne. Das Gold dazu holte Ferdinand aus der Schatzkammer des Königs, und da dauerte es nicht lange, da war der Hirsch fertig und war so überaus schön geworden, daß man gar nichts Herrlicheres sehen konnte.

Durch eine geheime Thür, die Niemand fand, wer es nicht wußte, kroch der lustige Ferdinand in den Bauch des Hirsches und nahm zugleich seine Zither mit, die er ganz ordentlich zu spielen verstand. Dann hatte er dem Goldschmid Alles entdeckt und hatte ihn für vieles Geld dazu bewogen, daß er den Goldhirsch auf’s Schloß brachte und ihn dem König vorstellte. Der konnte sich gar nicht genug darüber verwundern. Als nun aber der Goldschmid ein bestimmtes Zeichen gab und im Bauche des Hirsches eine Zither anfieng zu spielen, da wußte der König nicht, was er vor Entzücken sagen sollte. Auch die Königin war ganz außer sich und bat den König, er solle den Hirsch doch kaufen und seiner Tochter auf die Insel schicken, daß sie sich damit unterhalten möchte. – Der König sagte ja, das wolle er gern

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Ernst Meier: Deutsche Volksmärchen aus Schwaben. Scheitlin, Stuttgart 1852, Seite 191. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meier_Volksm%C3%A4rchen_aus_Schwaben_191.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)