Seite:Meier Volksmärchen aus Schwaben 219.jpg

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bin!“ – „Ei bei Leibe!“ sprach der Bruder Lustig und schlachtete sogleich das Lamm und machte ein Feuer an und briet es. Da dauerte es nicht lange, da war es fertig und roch so gut, daß der Bruder Lustig nicht wiederstehen konnte und das Herz herausfischte und es aufaß; denn Petrus blieb auch gar zu lange und er hatte außerdem Hunger. – Endlich kam Petrus zurück und sagte: „Du kannst alles eßen, bloß das Herz bitt’ ich mir aus!“ – „Ei Brüderchen, wo denkst Du hin?“ sprach Bruder Lustig; „besinn’ Dich doch, ein Lamm hat ja kein Herz!“ – „Ei freilich, sprach Petrus, ein Lamm muß doch ein Herz haben wie jedes andre Thier.“ – „Ganz gewiß nicht! glaub’s nur auf mein Wort! ein Lamm hat kein Herz!“ sprach der Bruder Lustig in Einem fort, so daß Petrus ihn zuletzt gewähren ließ und sagte: „so kannst Du auch das übrige allein eßen!“ Darauf gieng er fort. Bruder Lustig aber ließ sich den Braten schmecken, und wer auf der Straße daherkam, den lud er ein zum miteßen, bis das Lamm aufgezehrt war.

Nachdem er sich also gelabt und gesättigt hatte, reiste er weiter und kam an ein Waßer, über das er hinüber mußte. Das Waßer aber war angeschwollen, und wie er eben drin war, stieg es immer höher, daß er nahe dran war zu ertrinken und sich nicht mehr zu helfen wußte. Da rief mit einem Male von dem andern Ufer her Petrus: „gesteh mir, daß ein Lamm ein Herz hat und daß Du es aufgegeßen, so will ich Dir helfen!“ Bruder Lustig aber antwortete: „wie kann ich das gestehen und wie kann ich das Herz gegeßen haben, da ja ein Lamm, wie Jedermann

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Ernst Meier: Deutsche Volksmärchen aus Schwaben. Scheitlin, Stuttgart 1852, Seite 219. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meier_Volksm%C3%A4rchen_aus_Schwaben_219.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)