Seite:Meier Volksmärchen aus Schwaben 220.jpg

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weiß, gar kein Herz im Leibe hat!“ Und obwohl Petrus das Waßer immer höher steigen ließ, so daß Bruder Lustig um’s Haar hätte ertrinken müßen, so wollte er doch nicht bekennen. Deshalb ließ Petrus, weil er Mitleid hatte mit dem gutmüthigen Narren, das Waßer wieder sinken, so daß er hindurchgehen konnte. Dann aber sagte Petrus zu ihm: „Du bist nun doch einmal ein rechter Taugenichts; damit Du aber nicht wieder so gottlose Streiche machst und Todte erwecken willst um’s Geld, so will ich Dir da einen Ranzen schenken, in den kannst Du Dir Alles hineinwünschen, was Du nur begehrst. Und nun leb’ wohl!“ Mit diesen Worten verließ ihn der heilige Petrus und Bruder Lustig wanderte mit seinem Wunsch-Ranzen allein weiter fort.

So kam er nach einiger Zeit einmal in ein Wirthshaus und trank ein Glas Bier. Da sah er zwei gebratene Gänse im Ofen stehen, ach, die rochen gar zu gut, und er hätte wohl ein Stück davon verzehren mögen. Wie er nun wieder draußen war, dachte er: ei, du solltest doch einmal den Ranzen probiren! und wünschte sich die Gänse hinein. Mit einem Mal fühlte er, daß der Ranzen schwer wurde und er roch auch sogleich den Duft der gebratenen Gänse, und setzte sich nieder und ließ sie sich wohlschmecken. Derweil kamen zwei Handwerksburschen daher, die baten um ein Stückchen Fleisch; da gab er ihnen die eine Gans, denn er hatte genug an der andern. Nun traf es sich, daß die beiden Handwerksburschen in dasselbe Wirthshaus kamen, aus welchem Bruder Lustig die Gänse weggewünscht hatte, und sich daselbst Bier und Brod geben ließen und dann vergnügt ihren Gänsebraten verzehrten.

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Ernst Meier: Deutsche Volksmärchen aus Schwaben. Scheitlin, Stuttgart 1852, Seite 220. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meier_Volksm%C3%A4rchen_aus_Schwaben_220.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)