Seite:Meier Volksmärchen aus Schwaben 249.jpg

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die Erlösung möglich. Wem die Erlösung gelingt, der bekommt das Schloß mit allen Schätzen darin.“

Darauf zogen die beiden Prinzen das Loos, und der eine, den es traf, der machte sich sogleich auf den Weg, um das schöne Schloß zu gewinnen. Er kam auch richtig alsbald hin, und da es eben Mittag war, konnte er ungehindert hineingehen. Da konnte er nicht genug staunen über das prächtige Schloß und wollte sich die Zimmer einmal ansehen. In dem ersten, das er aufmachte, waren lauter Affen, in dem zweiten ein Löwe, in einem dritten ein Bär. Wie er diesen eben betrachtete, hörte er auf einmal eine so wunderschöne Musik, wie er in seinem Leben noch keine gehört hatte, und blieb ganz entzückt still stehen und horchte und horchte. Aber plötzlich that es einen mächtigen Knall, daß er vor Schrecken zusammenfuhr und meinte, das Schloß wolle einfallen. Es hatte nämlich eben zwölf geschlagen und so hatte er die Stunde der Erlösung versäumt. Zugleich aber waren alle Thüren fest verschloßen und er konnte nicht mehr hinauskommen.

Als er am folgenden Tage nicht zurückkam, sagte die Zauberin zu dem zweiten Prinzen: „nun kannst Du Dich auf den Weg machen und Dein Glück probiren; Dein Bruder hat die rechte Stunde versäumt und das Schloß nicht erlöst. Du darfst Dich ja nicht zu lang darin aufhalten!“ Nein, das wollte er auch nicht, sagte der Prinz, und reiste ab und kam zu dem Schloße und sah die Thiere und hörte die wunderschöne Musik, und konnte sich gar nicht satt daran hören; und da gieng’s ihm gerade so wie seinem

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Ernst Meier: Deutsche Volksmärchen aus Schwaben. Scheitlin, Stuttgart 1852, Seite 249. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meier_Volksm%C3%A4rchen_aus_Schwaben_249.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)