Seite:Meier Volksmärchen aus Schwaben 254.jpg

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er ihn hier antreffe. Da erzählte der Mann ihr Alles, was er den Drachen fragen sollte und sagte dann: „es ist einerlei, ob ich hier oben oder dort unten mein Leben verliere; laßt mich nur hier bleiben und wenigstens einen Versuch wagen!“

Da fühlte die alte Frau Mitleid mit ihm und sagte: „ich will sehen, daß ich Euch durchhelfe; gebt nur Achtung auf Alles, was der Drache in dieser Nacht sprechen wird!“ Darauf versteckte sie den fremden Mann hinter ihrem Bette. –

Als nun Abends der Drache nach Haus kam, rief er sogleich: „ich rieche Menschenblut!“ „Ach, wer weiß, was Du riechst, sagte die Frau; es sind wohl gestern einige Tropfen auf den Boden gefallen.“ Da war er zufrieden und legte sich bald in sein Bett und schlief ein. Die alte Frau aber mußte immer an seiner Seite schlafen, und wie er nun eben fest schnarchte, da zog sie ihm eine Feder aus, daß der Drache aufwachte und ganz unwillig rief: „Was zupfest Du mich denn so?“ „Ach, nimm’s nicht übel, sprach die Frau, ich hab es bloß im Traume gethan.“ „Na, was träumte Dir denn?“ fragte der Drache. „Ach, es ist ein dummer Traum, sagte die Frau; ich träumte, weshalb die Tochter des Königs wohl immer krank sei.“ „Es ist wahr, sprach der Drache, sie ist schon lange krank; allein wenn sie ihren ersten Geliebten heirathen wollte, so würde sie bald gesund werden.“

Als der Drache nach einer Weile wieder eingeschlafen war, zog die Frau ihm die zweite Feder aus, daß er ganz bös wurde und aufsprang und sagte: „was willst Du denn,

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Ernst Meier: Deutsche Volksmärchen aus Schwaben. Scheitlin, Stuttgart 1852, Seite 254. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meier_Volksm%C3%A4rchen_aus_Schwaben_254.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)