Seite:Meier Volksmärchen aus Schwaben 312.jpg

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Bruder Beli er erschlagen, erscheint als eines Riesen Tochter, die von ihren Verwandten zurückgehalten wird (vgl. Skirnirs Fahrt Str. 12) und nur gezwungen dem übermächtigen Gotte sich verspricht und dann in dem Hain Barri, d. i. dem grünenden (also im Frühling) ihre Vermählung mit ihm feiert. Vgl. die Edda, übersetzt von Simrock, S. 348 ff. Gerda ist wohl nur eine andre Form der mütterlichen Erde überhaupt, der Nerthus bei Tacitus, die schon ihrem Namen nach mit Freir’s Vater, Niördr, identisch ist. – (Niördr beherrscht den Gang des Windes, stillt Meer und Feuer. Schiffer und Fischer rufen ihn besonders an. Das Wort entspricht genau dem sanskritischen Nritu, Tänzer, Stürmer, in den Veda’s ein häufiges Beiwort Indra’s und der Maruts, der verheerenden Winde. Auch Nritû (Nominativ Nritûs) als Erde kommt im Wörterbuch bei Wilson vor und stimmt vollkommen zu Nerthus, obwohl das Wort als männlich bezeichnet ist.) – Zu beachten ist für die Deutung jenes Mythus die schwedische Sitte, daß Freir’s verhüllter Wagen (hier wohl sein Hochzeitswagen) im Frühjahr durch das Land gezogen wurde, ganz wie es Tacitus von der terra mater erzählt. So erklärt sich nun die große Schönheit der Geliebten des Freir, indem die Luft und alle Waßer vom Scheine ihrer weißen Arme widerstrahlen, wobei wir gewiß nicht an den „Nordschein,“ sondern eher an den glänzenden Blüthenschmuck des Frühlings zu denken haben. – Das schöne Eddalied, Skirnisför, stellt die glückliche Werbung Freir’s um die schöne Riesentochter durch seinen Diener Skîrnir dar. Dasselbe Thema enthält wahrscheinlich auch das räthselhafte Lied von Fiölswidr. Ein Fremdling, Swipdagr, (d. i. Schnelltag) der Sohn Solbiarts (des Sonnenglänzenden) kommt unter dem Namen Windkaldr (der Windkalte) zu der hohen, von zwei Hunden gehüteten festen Burg, wo in einem von Flammen (d. i. von Gold vgl. Str. 5) umschlungenen Saale seine Verlobte Menglada (die Schmuckfrohe) wohnt (vgl. Skirnirs Fahrt Str. 8. 9. 11.). – Der Wächter der Burg, Fiölswidr (Vielwißer) beantwortet all seine Fragen und meldet ihn dann bei seiner Herrin. Er entspricht Freir’s Diener Skirnir. – Die Hunde schmeicheln dem Gaste, die Thüren thun sich ihm auf und die Geliebte, die lang seine Rückkehr erwartet hat, erkennt und empfängt ihn mit offenen Armen. Während das andre Lied Freir’s erste Verbindung mit Gerda feiert, scheint dieß zweite seine Rückkehr und erneute Vermählung mit der im Winter verlaßenen Gattin darzustellen, wobei die einzelnen Nebenzüge minder wesentlich sind und

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Ernst Meier: Deutsche Volksmärchen aus Schwaben. Scheitlin, Stuttgart 1852, Seite 312. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meier_Volksm%C3%A4rchen_aus_Schwaben_312.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)