Seite:Meier Volksmärchen aus Schwaben 313.jpg

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wohl nur eine entfernte Beziehung zu dem ursprünglichen Naturmythus haben.

Hier sei nur noch kurz angemerkt, daß unser Märchen die Elemente des eddischen Mythus, wie es scheint, vollständig enthält. Der goldborstige Eber wie der goldene Hirsch mit seinem Geweih werden die strahlende Sonnenkraft des Freir oder überhaupt den Gott der Fruchtbarkeit vorstellen. Die Königstochter wird gehütet und abgesperrt wie Gerda in ihren umflammten, umzäunten und von wüthenden Hunden bewachten Saale; aber der in dem Goldhirsch verborgene fröhliche Soldat findet den Weg zu ihrem Herzen und Schooße und befruchtet sie. Zu beachten ist, daß der lustige Ferdinand gerade ein ganzes Jahr gebraucht, aber 6 Monate lang sich um die Prinzessin nicht kümmert, was vielleicht eine Beziehung auf den natürlichen Verlauf der beiden großen Jahreshälften hat. Auch der Zug, daß der Goldhirsch Musik macht, ist wohl bedeutsam und würde, wenn die obige Deutung richtig ist, an uralte Sagen von dem Klang der auf- und untergehenden Sonne erinnern. Tacitus Germ. 45. Grimm’s Mythologie 703.

Einen andern Zug aus dem Eddaliede über Freir’s Brautwerbung enthält, wie Wolf (Beiträge zur deutschen Mythologie S. 102 f.) richtig hervorgehoben das Märchen vom getreuen Johannes, bei Grimm Nr. 6. Hier erblickt der Königssohn in einem verbotenen Zimmer das Bild „der Königstochter vom goldenen Dache“ und wird von heftiger Liebe zu ihr ergriffen, ganz wie Freir von Odhins Hochsitze aus die schöne Jungfrau in dem Riesenlande erblickt und in leidenschaftlicher Liebe zu ihr entbrennt. – Wir sind zu diesen Erklärungen jener Märchen um so mehr berechtigt, da sich auch sonst bestimmte Erinnerungen an Freir oder Fro erhalten haben. Namentlich ist in schwäbischen Sagen von weißen Schweinen, die zu Weihnachten umgehen, Freir’s Eber nicht zu verkennen. Vgl. auch Nr. 31, das Schiff, das zu Waßer und zu Lande geht, und die Anmerkung dazu.

55. Der kluge Martin. Mündlich aus Owen. Verwandt ist der Meisterdieb in den norwegischen Volksmärchen von Asbjörnsen und Moe, Bd. 2. Nr. 4; und in Wolf’s Hausmärchen der Räuberhauptmann Hans Kühstock S. 397.

56. Die gescheidte Ziege. Mündlich aus dem Schwarzwalde.

57. Drei Rosen auf einem Stiel. Mündlich aus Tübingen. Verwandt ist bei Grimm das Löweneckerchen, Nr. 88, und weiter auch

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Ernst Meier: Deutsche Volksmärchen aus Schwaben. Scheitlin, Stuttgart 1852, Seite 313. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meier_Volksm%C3%A4rchen_aus_Schwaben_313.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)