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je recht Schlaf zu finden, stets mit angespannten Sinnen, Angst um den Sterbenden im Herzen, den Leichenduft des in eine Wolldecke gehüllten Toten als ständige Mahnung an die Vergänglichkeit alles Irdischen in der Nase, – – und das Hirn leer vor Erschöpfung. Selbst Chuburs eiserne Natur versagte. Kaum waren wir im Dorfe angelangt, kaum hatten wir den uns umdrängenden Männern, Frauen und Kindern und dem vor Schmerz wie Wahnsinnige sich gebärdenden Weibern Chicos und Coys die notwendigsten Erklärungen gegeben und die ebenso notwendigen Anordnungen getroffen, damit sofort ein paar Reiter den Militärarzt aus Skyring herbeiholten, als wir auch schon halb ohnmächtig in ein Zelt taumelten und in einen tiefen bleiernen Schlaf fielen. Volle achtzehn Stunden habe ich damals wie ein Bewußtloser dagelegen. Als ich erwachte, – mein erster Gang zu Coys Steinhütte, die hart am hohen Felsufer der Bucht sich neben einem kleinen Buchenwäldchen erhebt, zwanzig Meter weiter unter der breiten Krone eines uralten Stammes mein eigenes schlichtes Heim …

Coy bei vollem Bewußtsein – mir entgegenlächelnd, mir matt die Hand hinstreckend. Sprechen konnte er nicht mehr, nicht einmal mehr flüstern. Jeder Versuch dazu rief einen schrecklichen Hustenanfall hervor, der ihm eitrige Blutfäden über die Lippen trieb.

Am nächsten Tage kam der Arzt. Untersuchte, zuckte die Achseln, nahm mich abseits. Es war ein Chilene von liebenswürdigsten Umgangsformen.

„Drei, vier Wochen kann’s noch dauern … Ebenso gut kann’s morgen schon mit Ihrem Freunde zu Ende gehen …“

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Max Schraut: Mein Freund Coy. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1929, Seite 184. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Mein_Freund_Coy.pdf/184&oldid=- (Version vom 1.8.2018)