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Der Zinsgroschen
von
Titian.


Der Heuchler, der dem Heiland nachgegangen,
Versuchte ihn mit schnöder List zu fangen
Und fragte ihn, sein Ansehn zu vernichten:
„Sprich, soll dem Kaiser man den Zins entrichten?“
 

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Doch er läßt einen Silberling sich zeigen.

„Wem“, spricht er, „sind hier Kopf und Namen eigen?
Dem Kaiser; gebt ihm, was sein Bildniß führt
Und gebt dem Herrn, das, was dem Herrn gebührt!

Dem Kaiser, was des Kaisers; Gott, was Gottes!“

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Sagt er tiefschmerzlich, nicht im Ton des Spottes.

Der Pharisäer tiefbeschämt entweicht

Und Rache sinnt der schlimme Mann der Lüge,
Indeß ein Lächeln überfliegt die Züge
Des Heilands, die der Schmerz bereits gebleicht!

Empfohlene Zitierweise:
Alphonse Levy (Pseudonym Ernst Maurer): Meisterwerke der Dresdner Galerie. Commissions-Verlag von M. Heßling, Leipzig [1883], Seite 49. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meisterwerke_der_Dresdner_Galerie_(Levy).pdf/55&oldid=- (Version vom 14.2.2021)