![]() |
Joseph Meyer: Meyer’s Universum, oder Abbildung und Beschreibung des Sehenswerthesten und Merkwürdigsten der Natur und Kunst auf der ganzen Erde. Zwölfter Band |
|
und Cicero, wie Burke und Sheridan, wie Danton und Vergniaux es waren. Die Paulskirche hat nie einen größern gesehen. Blum war unbestritten der Erste der ganzen Versammlung und selbst seine Feinde erkannten das an. Als Haupt und Führer der Linken – der Partei, welche will, daß der Nation ihr Recht und ihre Freiheit ganz werde, und welche die republikanische Staatsform anstrebt zu ihrem Schutz und zu ihrer Sicherheit, – ist Blum durch keinen Andern zu ersetzen.
Etwas drückte Blum und er gestand es seinen Vertrautesten: „Man feiert mich als den Mann des Worts – dem Mann fehlt die That. Leonidas, Winkelried, Washington, Körner, waren die Glücklichern!“ Und dann sprach er begeistert von dem Glück, für die Freiheit seines Volks zu streiten und zu sterben. Es konnte ihn recht unglücklich machen, wenn Einer an seinem Muthe zweifelte, und seine Feinde benutzten in unedler Weise nicht selten diese Reizbarkeit. „Ich weiß, was ich dem Volke werth bin, und ich kenne meine Pflicht, mich ihm zu erhalten. Kommt aber der große Augenblick, wo mein Beispiel auf der Barrikade mehr nützt, als mein Reden hier auf der Tribüne – dann bleibe ich nicht.“ Und der Augenblick kam. Wien erhob entschlossen die Hand zum großen Wurf für die Freiheit Deutschlands. Blum eilte bei der ersten Kunde hin mit ein Paar treuen Freunden, und in der Wiener Schlachtwoche war er der Erste und der Ausdauerndste. Blum hat die letzte Barrikade vertheidigt.
Die Würfel sind anders gefallen, als die Freunde der Freiheit gehofft hatten. Die Knechte jubeln, die Knechte auf und unter den Thronen, und das Urtheil der Menge flattert mit den Fahnen. Noch einmal hat das beherzte Wien sein Herzblut in breiten Strömen umsonst vergossen. Umsonst? Nicht doch! Auch diese letzte, furchtbarste aller Erfahrungen nach so vielem erduldeten Betrug und Verrath war ihm noch Noth und ist ihm beschieden zu seinem Heile. Auch die letzte Larve mußte fallen, damit das höllische Ungethüm in seiner ganzen Scheußlichkeit erkannt werde! In Wiens Flammen ist der Altar des Götzen aufgelodert, und mit jedem Männerherzen, welches dort ausschlägt unter den Füsiladen eines Henkers, – löscht der Aberglaube aus in Millionen Herzen und sie öffnen sich einem neuen, bessern Kultus.
Blum, der Mann des Worts, er hat vollendet als Mann der That; als Heros geht er durch die deutsche Zeit! Wer so gestorben ist, wie Blum starb, der ist zu beneiden, nicht zu beklagen. Er war der Auserkorene. Was er in der Paulskirche nie gekonnt hätte, das hat er im Wiener Augarten gethan: er hat den Freibrief seines Volks mit Blut geschrieben und mit seinem Tode besiegelt.
Den 9. November aber schreibe – deutsches Volk! – künftig roth in deinen Kalender, denn er ist ein Feiertag.
Joseph Meyer: Meyer’s Universum, oder Abbildung und Beschreibung des Sehenswerthesten und Merkwürdigsten der Natur und Kunst auf der ganzen Erde. Zwölfter Band. Bibliographisches Institut, Hildburghausen, Amsterdam, Philadelphia 1847, Seite 239. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_Universum_12._Band_1847.djvu/247&oldid=- (Version vom 14.4.2025)