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Seite:Meyers Universum 15. Band 1852.djvu/104

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In diese Bai wird denn auch, dem Bauplane nach, der Nicaragua-Kanal geführt werden. In keiner andern Richtung würde er den großen Anforderungen genügen können, die an ein so außerordentliches Werk gestellt werden müssen. San Juan de Nicaragua ist sein natürlicher Ausgang auf der atlantischen Seite, in’s caraibische Meer. Diese Feststellung des Kanaltrakts erforderte eine mehrjährige und schwierige Prüfung. Nicht weniger als fünf Punkte waren, seit die Spanier sich von dem Zusammenhange von Nord- und Südamerika überzeugt haben, für die Verbindung beider Weltmeere vorgeschlagen worden; nämlich: – der Isthmus von Tehuantepek im südlichen Mexico, der Isthmus von Nicaragua, der Isthmus von Panama, der Isthmus von Darien oder Cupica, und der Isthmus des Rio Atrato. Diese letzte Linie liegt schon in Südamerika. Sie kann, obschon in neuester Zeit sehr warm empfohlen, mit der von Nicaragua niemals rivalisiren. Noch weniger ist dies bei dem Isthmus von Darien der Fall. Den Isthmus von Panama zu durchbrechen fällt jetzt keinem mit der topographischen Natur dieses Punktes bekannten Menschen mehr ein, und der Unternehmungsgeist wird schon hinlänglich versucht durch die Schwierigkeiten, welche der Bau der Eisenbahn bei der Uebersteigung der Wasserscheide auf der Strecke von Gorgona nach Panama gegenwärtig findet. Eben so wenig kann von einem Schiffskanal über den Isthmus von Tehuantepek die Rede seyn, seitdem dessen Terrain genauer bekannt ist. So bleibt der Isthmus von Nicaragua der einzige Punkt, wo die Ausführbarkeit eines solchen Werkes außer Zweifel steht.

Von der Ostseite kann man zu diesem Isthmus auf keinem anderen Weg als auf dem Rio de San Juan, dem Abflusse des Sees von Nicaragua, gelangen, an dessen Mündung das auf unserem Bilde dargestellte Städtchen liegt. Der Fluß selbst, obschon jetzt mit Dampfschiffen befahren, wird für große Seeschiffe niemals fahrbar werden. Darum soll der Kanal dem Flusse entlang geführt werden, ein Unternehmen von großen Schwierigkeiten, aber doch ausführbar. Der Nicaraguasee selbst ist hinlänglich tief für die größten Seeschiffe. Ihn mit dem Stillen Meere zu verbinden, ist sodann ein zweiter Kanal erforderlich, und dieser ist die Hauptarbeit bei dem großen Werke.

Man hat für die Verbindung des Nicaraguasces mit dem Ocean sechs verschiedene Linien nivellirt. Die südlichste sollte aus dem Rio Sapoá, der in den See fließt, nach dem Golf von Bolanos oder Salines hinüberführen. Weiter nördlich ist die Linie von der Mündung des Rio de las Lajas, der ebenfalls dem Gebiete des Sees angehört, hinüber nach San Juan del Sur, oder nach einem Küstenpunkte, Namens Brito, vorgeschlagen worden. In diesen Richtungen hat das Nivellement die Ausführbarkeit widerlegt. Nun kann aber der Nicaraguasee ohne große Schwierigkeit durch einen Kanal mit dem Managuasee verbunden und aus letzterem ein kurzer Kanal nach dem Stillen Meere geleitet werden. Drei Linien sind dafür geprüft worden, von denen die erste aus dem westlichsten Theile des Sees, der die Bai von Moabita genannt wird, südwestlich hinüber nach dem Golf von Tamarinda, die zweite aus derselben Gegend des Sees westlich nach dem Hafen von Realejo, die dritte endlich aus der nordwestlichsten