| Joseph Meyer: Meyer’s Universum, oder Abbildung und Beschreibung des Sehenswerthesten und Merkwürdigsten der Natur und Kunst auf der ganzen Erde. Fünfzehnter Band | |
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westlichsten Spitze des Sees in nordwestlicher Richtung nach der schon erwähnten geräumigen Bai von Fonseca oder Konchagua führen soll.
Diese letzte Linie ist die, welche sich als die beste auswies, obschon sie, von San Juan del Norte bis in die Fonsecabai gerechnet, die längste von allen ist. Es ist aber in dieser Richtung nicht der kleinste Hügel zu durchstechen, und auch die allgemeine Erhebung des Bodens auf der Wasserscheide zwischen dem See und der Bai ist mit Schleußen bequem zu übersteigen. Ein schiffbarer Arm der Bai, unter dem Namen Estero Real bekannt, schneidet tief in das Land und kommt dem Managuasee halben Weges entgegen. Das Plateau, welches in dieser Richtung durchschnitten werden muß, liegt hinter der majestätischen Reihe der Vulkane von Leon, rings von ebenem Lande umgeben.
Der Kanal selbst zerfällt in folgende natürliche Sektionen. Die Strecke am Rio de San Juan 70 engl. Meilen; See von Nicaragua 110 Meil.; Verbindungskanal zwischen beiden Seen 4 Meil.; See von Managua 50 M.; von da zum Meerarm des Estero Real 20 Meil.; zusammen 254 engl. Meilen, wovon jedoch nur 94 wirklich zu kanalisiren sind. Der Spiegel des Nicaragua liegt 128 engl. Fuß über dem des Stillen Meeres, der Spiegel des Managuasees aber noch 28 Fuß höher. Die Wasserscheide zwischen dem Managua und Estero Real ist kaum 10 Fuß. 166 Fuß ist also die Gesammthöhe, welche, vom Stillen Meere herauf, auf ungefähr 20 engl. Meilen Länge zu überwinden wäre. Ein Riesenwerk freilich, da es sich hier nicht um einen Donau-Main-Kanal für kleine flache Boote, sondern um einen Wasserweg für Seeschiffe von 50–60,000 Centner Trächtigkeit handelt. Doch der amerikanische Unternehmungsgeist hat schon Größeres gewagt und er wird auch dieses ausführen.
Wir kehren nach dieser langen Abschweifung zu unserem Ausgangspunkte, San Juan de Nicaragua, zurück.
Zur Zeit, als Herr Julius Fröbel unsere Ansicht aufnahm (1849) bestand der Ort aus etwa 50 Häusern, oder vielmehr Hütten. So ärmlich diese Gebäude auch waren, entsprachen sie doch den damaligen Bedürfnissen ihrer Bewohner zur Genüge. Die mit Palmenblättern oder Schilf gedeckten Dächer, welche mit den über sie emporragenden Kokospalmen so malerisch harmoniren, gaben wirksamen Schutz gegen den Regen und zugleich gegen die Sonnenhitze. Als Herr Fröbel auf seiner Rückreise, ein Jahr später, San Juan wieder besuchte, hatte sich die Zahl der Häuser schon über das Doppelte vermehrt und die Amerikaner und Engländer hatten einige größere Gebäude in europäischem Styl aufgeführt. Darüber war jedoch das Romantische der Scenerie zu Grunde gegangen, ein Theil der prachtvollen Bäume war niedergehauen, und die Menge um den Ort zerstreut liegender Breterhäuser drückte das auf den nächsten Augenblick berechnete Obdachbedürfniß ansiedelnder Yankees aus. Im Jahre 1851 zerstörte ein Brand den größern Theil der Stadt; sie ist seitdem viel schöner und größer wieder aufgebaut worden.
Joseph Meyer: Meyer’s Universum, oder Abbildung und Beschreibung des Sehenswerthesten und Merkwürdigsten der Natur und Kunst auf der ganzen Erde. Fünfzehnter Band. Bibliographisches Institut, [Hildburghausen] [1852], Seite 97. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_Universum_15._Band_1852.djvu/105&oldid=- (Version vom 28.8.2025)