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Seite:Meyers Universum 15. Band 1852.djvu/112

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Ein spitziges Dach von Palmblättern oder Schilf vollendet den Bau. Statt der Dielen dient der natürliche Boden. Ein Stück Bret, auf einen Pfahl genagelt, macht den Tisch; ein anderes, oder eine Steinplatte die Bank; ein breterner Kasten enthält die Garderobe der Familie, eine alte Hängematte oder ein Paar Ochsenfelle sind ihr Bett. Dies ist der ganze Hausrath. Alle erwachsenen Neger tragen weite Beinkleider von grobem baumwollenem Zeug; die putzsüchtigen Frauen hingegen weite weiße Gewänder, die sie mit barbarischem Geschmack verzieren. Die Kinder beider Geschlechter gehen, bis sie heranwachsen, nackt. Von der Civilisation haben die freien Neger bis jetzt nichts angenommen, als ihre Laster. Der Schulunterricht ist ihnen verhaßt, und nur in einzelnen Fällen gelingt es der Beharrlichkeit der christlichen Missionäre, die Kinder zum Schulbesuch zu vermögen und so die Keime zu künftigen, bessern und menschlichern Zuständen zu legen. Die Leichtigkeit, mit der jeder freie Farbige sich, bei der enormen Theurung des Handlohns und der Fruchtbarkeit des Bodens, mit der geringsten Mühe und Anstrengung seinen Unterhalt erwerben kann, hat sie zu Bärenhäutern gemacht, und so groß ist die Arbeitsscheu dieser Emancipirten, daß für den Bau der Eisenbahn über den Isthmus die Unternehmer Arbeiter aus Nordamerika kommen lassen mußten, weil für keinen noch so hohen Lohn alle nöthigen Arbeitskräfte unter den freien Negern zu erlangen waren. Bei der Einfachheit ihrer Bedürfnisse hat der Erwerb für diese Menschen wenig Werth. Sie führen ein ihre thierische Natur beglückendes, sorgenfreies Leben, und sie wollen kein anderes.

Die Eisenbahn, durch welche Panama mit der auf der entgegengesetzten Seite des Isthmus an der Navybai gelegenen, neu entstandenen Aspinwall-City verbunden wird, ist jetzt zur größern Hälfte, nämlich von letztgenannter Stadt bis Gorgona, in Betrieb. Sie soll noch in diesem Jahre vollendet werden, wenn das Beschaffen der nöthigen Arbeiterzahl nicht unmöglich wird. Zur Zeit müssen Reisende und Güter von Panama bis Gorgona noch den alten, verrufenen Weg über Cruces auf Mauleseln machen. Diese Straße ist in nicht viel besserem Zustande als zur Zeit der Eroberung.

Zwei Tausend Maulthiere stehen für den Transport von Menschen und Waaren in Panama beständig bereit. Für jede Maulthierladung, die nicht über 300 Pfund seyn darf, und für eine Wegstrecke (bis an den Bahnhof zu Gorgona), die man in 24 Stunden zurücklegt, müssen 25 Piaster (62 Gulden) bezahlt werden. Es ist der theuerste Frachtsatz auf der ganzen Erde, und die Gesellschaft der Maulthiereigenthümer machte im vorigen Jahre mehr als 1 Million Gulden reinen Gewinn. In ähnlichem Verhältnisse stehen aber die Preise des Transports auf der ganzen Linie von Chagres nach San Francisco. Das spekulative Kapital hat sich desselben vollständig bemächtigt, jede Konkurrenz beseitigt, und es beutet sein Monopol mit einer Unverschämtheit aus, die alle Begriffe übersteigt. Dabei sind Diebstähle und arge Fahrlässigkeiten, durch welche Güter verloren gehen oder ganz verdorben ankommmen,