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Seite:Meyers Universum 15. Band 1852.djvu/113

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an der Tagesordnung[1]. Reklamationen haben selten einen Erfolg. Das Uebel ist jedoch so hoch gestiegen und für den Transit so lästig geworden, daß die Abhülfe nicht ausbleiben kann. –

Die Straße nach Cruces und Gorgona windet sich unmittelbar hinter der Stadt, ziemlich steil, in eine Thalschlucht hinan, und geht dann, bald auf, bald ab, über coupirtes Terrain. Es besteht aus den Trümmern der Cordilleren, welche, vom Feuerlande an bis zum Eliasberg, Amerika in seiner ganzen Länge durchziehen, bei einer Erdrevolution auf dem Isthmus aber zerrissen wurden. Ihr Schutt bedeckt die ganze Landenge. Die beständige Terrainabwechselung macht den Weg über den Isthmus malerisch und unterhaltend für Jeden, der für Schönheit der Scenerie empfänglich ist. Höhen von Bedeutung sind nicht zu übersteigen. Der erhabenste Punkt der Straße liegt 600 Fuß über Panama; die nächstliegenden Berge sind weniger als 2000 Fuß hoch; aber dessenungeachtet hat die Landschaft einen großen Charakter. Von der Wasserscheide, dem Plateau auf dem Rücken des Isthmus, hat man den Ausblick auf beide Weltmeere, eine Vista, die aller Beschreibung spottet. Nicht weniger Bewunderung erregt die Mannichfaltigkeit der organischen Natur auf dem Isthmus in allen ihren Gebieten. Affen von allen Arten und Größen klettern in den Bäumen, Armadillen, Faulthiere, Ameisenfresser, Tapire, Papageien im glänzendsten Farbenschmuck, und Schlangen von allen Größen und Arten, von der riesigen Boa an, bis zu einer fingerlangen Blindschleiche, bewohnen Wälder und Savanen, und die prächtigen Schmetterlinge, welche flatternden Blumen gleichen, die unzähligen Libellen, und die großen in der Nacht leuchtenden Käfer fesseln beständig die Aufmerksamkeit des Reisenden und verkürzen ihm den Weg. Aber vor allem Andern ist’s die tropische Pflanzenwelt, die Pracht der Wälder, die sein Interesse in Spannung hält. Die Palmenarten, mit ihren schlanken Säulenschäften und gefiederten Blätterkronen, die Magnolien, Agaven, der Tulpenbaum (hiriodendron tulipifera), die gewaltigen Platanen, der Pisang und andere Bananenarten, die kolossalen Gestalten der Araucarien, mit den sonderbaren und formreichen Familien der Fackeldisteln (Cakteen) und die baumartigen Farren bilden Gruppen in tausendfach wechselnder Mannichfaltigkeit und lassen Sinn und Auge niemals ermüden. Die Agaven, der Aloe Afrika’s entsprechend, streiten sich mit den Cakteen um jede dürre Felsbank. Ihre großen, dicken, fleischigen, scharfgezähnten Blätter umgeben symmetrisch die üppigen Blumenrispen, welche diese Gewächse oft bis zu 20 Fuß hoch treiben und mit vielen tausenden von würzig duftenden Blüthen schmücken. Die Agave vertritt die Rebe in Centralamerika. Ihr Saft gibt das weinartige, berauschende und zugleich kühlende Getränk – Pulgue – das der Arme wie der Reiche dort täglich genießt. Wenn in der Pflanze der Blüthenstengel auftreiben will, so wird ihr die Krone ausgeschnitten,


  1. Das Universum, die englische Ausgabe, geht in 500 Exemplaren nach Kalifornien über den Isthmus – und schon zweimal gingen Sendungen auf dieser Strecke verloren.