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Seite:Meyers Universum 15. Band 1852.djvu/122

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für die Arbeitgeber beunruhigende Weise gestiegen, und wenn der Kontinent, wenn namentlich Deutschland von gleichartigen Wirkungen bis jetzt wenig verspürt hat, so ist die Ursache davon nur in dem allgemeinen Druck unserer gewerblichen Zustände zu suchen, die in einer solchen Lage sind, daß sie noch mehr Arbeitskräfte missen können, als bis jetzt auswanderten. Man entferne den Druck, der auf allen Aeußerungen des Volkslebens seit vier Jahren beständig und in täglich gesteigertem Maße lastet, und sofort wird in den wiederbelebten Gewerben sich Arbeitermangel geltend machen und mit denselben Wirkungen, wie jetzt in England.

Das bewegliche Kapital in der Hand der großen Masse, in der Hand der Arbeiter, ist allemal die Kraft und der Nerv der Demokratie. Dieses Kapital, welches durch den Arbeitslohn gewonnen wird, durchrinnt die Adern der Gesellschaft unaufhörlich, und je mehr dessen geschaffen wird und umläuft, um so höher äußert sich die Lebenskraft des Volkes, um so heftiger und unwiderstehlicher drängt es hin zu dem vernünftigen Ziel aller Vereinigung in Staat und Gesellschaft – zum gesteigerten Wohlergeben des Einzelnen in der Gesammtheit. Dieses Streben durchdringt die heutige europäische Gesellschaft unaustilgbar. Bald verfolgt dasselbe betretene Pfade, bald sucht es unbekannte Bahnen auf, und die Völker wandern jene Wege und diese Bahnen mit und ohne Bewußtseyn, bald willig, bald widerwillig, bald eine größere Strecke, bald, um sie nach wenigen Schritten wieder zu verlassen, und einen neuen Weg zu versuchen: – aber allezeit die allgemeine Richtung zum Ziele im Auge behaltend. Diese kann kein gesittetes Volk mehr verlassen. Es ist der Drang, den ihm die Zeit als Mitgift gab, und dem sich kein Volk entziehen kann, ohne in Barbarei zu versinken. Australiens und Kaliforniens Schätze aber werden dazu beitragen, jenem Drange Allmacht zu verleihen. –




DCLXXXI. Die königliche Erzgießerei in München.




In einer stillen, abgelegenen Ecke der Umgebung Münchens, unweit der Nymphenburger Straße, erhebt sich, aus der Mitte eines geschlossenen Hofraums, ein großes, massives, aber unscheinbares Gebäude, an dem einige schlechte Schuppen kleben. Schlacken- und Kohlenhaufen liegen umher zwischen Schutt von verfallenen Oefen und Haufen von Sand, Bausteinen, Mörtel und Scherben; gebrauchte, zerbrochene Formen aus Holz, Thon und Gyps lehnen an Wänden und in Winkeln, und die mancherlei Geräthe und Materialien und Werkzeuge zum Formen und Gießen, das rußige Aussehen der Mauern, Fenster und Thüren des Gebäudes, die langen, hagern, geschwärzten Kerle, die ab- und zugehen, oder Materialien, Erz, Gußtheile hin- und herkarren, die dicken, schweren Rauchwolken, welche