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Seite:Meyers Universum 15. Band 1852.djvu/133

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DCLXXXII. Die Ruhmeshalle und der Koloß der Bavaria bei München.




An das westliche Ende der bayerischen Königsstadt stößt eine begrasete Haide, die Theresienwiese genannt, der Schauplatz der sogenannten landwirthschaftlichen Volksfeste, welche jährlich im Oktober abgehalten werden; in Zeiten politischer Bewegung auch wohl der Ort, wo sich das Münchener Volk um seine Tribunen und ihre Rednerbühnen versammelt. Das Isarthal, dessen hohe Bergwände schon weit oberhalb München sich verflacht haben, bildet von Sendling aus eine unfruchtbare, dürre Kieselfläche –nur unterbrochen durch einen schmalen Landrücken, der sich, etwa eine halbe Stunde vom Rinnsal des Flusses, auf der linken Seite, kaum 30 Fuß hoch aus der Haide erhebt. Dies in die Sendlingerhöhe, welche von der einen Seite die Theresienwiese einrahmt. Auf dieser Anhöhe, die gleichsam einen natürlichen Sockel bildet, steht ein dorischer Tempel von Marmor, und vor demselben, auf erhöhetem Postament, ragt jenes Standbild von Erz, welches an Masse wie an Kunstherrlichkeit alles Vorhandene gleicher Art weit übertrifft – der Koloß der Bavaria. – Der Standort ist gut gewählt – obschon die Oede der Umgebung der ästhetischen Wirkung einigen Eintrag thut. Der Ausblick über die weite Fläche hin umfaßt einen großen Theil des altbayerischen Landes bis zu den Vorbergen der Alpen. Die Fronte des Baus ist der Stadt zugekehrt, deren südliche Hälfte man übersieht.

Wie alles Künstlerisch-Große, womit in diesem Jahrhundert das bayerische Land und seine Hauptstadt geziert worden sind, sich an den Namen des Königs Ludwig knüpft, so auch dieses Denkmal. Wie die Walhalla an der Donau zu Stauf (vgl. Univ., Bd. 7, S. 125) ein Monument zur Verherrlichung der ruhmwürdigsten Männer und Frauen des deutschen Gesammtvolks seyn soll, so ist das der Ruhmeshalle auf der Sendlinger Höhe ausschließlich dem Ehrengedächtniß jener Bayern geweiht, die sich bleibende Verdienste um ihr engeres Vaterland erworben haben. Wie dort an der Donau, so hier an der Isar, ist das Säulenhaus dazu bestimmt, die Büsten der Gefeierten aufzunehmen und für die Nachwelt aufzubewahren. Kein Verdienst ist ausgeschlossen um des Glaubens oder des Standes willen; neben den Bauer der großen That oder des hervorragenden Wirkens ist der verdiente Regent des Landes gestellt, neben den Förderer der Wissenschaft der Held der Schlachten, neben den anspruchlosen Gewerbsmann der große Staatsmann; der unsterbliche Dichter steht dem nützlichen Erfinder gegenüber. Alle Jahrhunderte, bis zu den frühesten, welche der bayerische Name erreicht, haben in diesem Tempel des Ruhms ihre Repräsentanten, und auf die verdienten Männer künftiger Zeiten harren die leergelassenen Nischen. Erhaben und groß ist die Idee, aus der dieses Denkmal entsprungen