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Seite:Meyers Universum 15. Band 1852.djvu/134

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ist; sie ehrt seinen Urheber so unvergänglich, wie die Ausführung die Künstler ehrt, die jener Idee die edelste Gestalt und Wirklichkeit gegeben haben. Ludwig, Klenze, Schwanthaler und Miller, – der König, der Baumeister, der Bildhauer und der Erzgießer – gehen als unzertrennliche Genossen auf die Nachwelt über.

Der Bau stellt sich als eine offene Säulenhalle im dorischen Style dar. Aus der 230 Fuß langen Hauptfaçade treten an beiden Enden zwei Flügel hervor, deren Giebel je vier Säulen unterfangen. Die innere eigentliche Büstenhalle umzieht den Hintergrund der Area, und sie wird durch eine mit farbigem Marmor bekleidete Umfassungsmauer gebildet, die sie, vorn offen, nach drei Seiten schließt. An den innern Wandungen dieser Halle ist für zweihundert Marmorbüsten in Hermenform Raum geboten. Erzthore schließen die beiden Vorhallen. Die äußern und innern Skulpturornamente des Tempels sind, seiner Bestimmung und dem Geiste des dorischen Style angemessen, – ernst, einfach, groß. Unter den stark markirten, mit Tropfen verzierten Dachvorsprüngen sind die Metopen des Frießes mit Reliefen geschmückt, 50 an der Zahl, mit 44 Viktorien dazwischen. Die beiden Giebelfelder füllen runde Marmorbilder, welche die 4 Stämme, aus denen das bayerische Volk besteht, (Bayern, Schwaben, Franken und Pfälzer) darstellen. Die Dachung ist von Kupfer und wird von einem eisernen Stuhle getragen.

Ein Eichenhain umgibt den weißmarmornen Tempel des Ruhms zu beiden Seiten und im Hintergrunde; aus der Mitte des Vorgrundes aber steigt auf dem 40 Fuß hohen Postamente der 65 Fuß große Erzkoloß der Bavaria empor, die Dachung des Tempels mit der halben Höhe überragend. Durch eine metallene Thüre an der Rückseite des Postaments zugänglich, führt eine Wendeltreppe aus Gußeisen im Innern hinan ins Haupt. Da befinden sich Ruhebänke; für 20 Menschen ist Raum. Oeffnungen unter beweglichen Kranzblättern führen Licht zu. – Es ist hier oben eine köstliche Aussicht auf die Stadt gegen Ost, über das weite, mit Städten und Dörfern besäete Land gegen Nord und West, – nach Süd aber bis zu den Zinnen der Alpen, weit hinaus über die Grenze des Reichs. Eine Tafel im Schädel der Statue trägt folgende Inschrift: „Dieser Koloß, von Ludwig I., König von Bayern, errichtet, ist erfunden und modellirt von Ludwig Schwanthaler und wurde in den Jahren 1844 bis 1850 in Erz gegossen und aufgestellt von Ferdinand Miller“.

Wir haben (vergl. den vorigen Aufsatz) das Bild gedeihen sehen, wir haben, sie nachschildernd, die Sorgen und Mühen der schaffenden Künstler getheilt; wir sind nun im Stande, das sieghaft Vollendete zu betrachten und in bewundern und Miller’s, des Erzbildners, Entzücken nachzufühlen, als bei der feierlichen Enthüllung des aufgestellten Kolosses der Chor der Sänger ihn mit den Worten Schiller’s begrüßte:

„Freude hat mir Gott gegeben!
Sehet! Wie ein goldner Stern,
Aus der Hülse, blank und eben,
Schält sich der metall’ne Kern.
Von dem Helm zum Kranz,
Spielt’s wie Sonnenglanz!“