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Seite:Meyers Universum 15. Band 1852.djvu/83

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es wird Organisation, System, Methode kenntlich. Die Parteien formiren sich zu den beiden Phalangen – Whigs und Demokraten – lokale Abneigungen und alle partikularen Bestrebungen schweigen; es wird klar, wie alle Parteien in den großen nationalen Fragen ihre Pfahlwurzeln haben, wie jeder Zweig seinen Saft vom Stamm erhält, dem er angehört. Was man in Europa zuweilen von südlichen und nördlichen, von östlichen und westlichen Parteien fabelt, ist Wahn. Es gibt keine geographischen Trennungslinien, keine nördliche oder südliche Politik. Es gibt Freihändler, Freesoilers, Schutzzöllner, Noninterventionspolitiker etc. in allen Theilen der Union; es gibt im Norden sogar viele Männer, die keine Gegner der Negersklaverei sind. Die feste Burg der Sklaverei ist aber allerdings im Süden, wie die Abolutionisten ihre Stärke im sklavenfreien Norden haben; Freunde und Gegner der Einen wie der Andern sind jedoch überall, und mit den großen Parteinamen Whig oder Demokrat stehen sie nicht in nothwendiger Beziehung.

Diese beiden Hauptparteien, welche in allen Fragen von nationaler Bedeutung allein den Ausschlag geben, haben vielmehr nur in der Unionsverfassung Ursprung und Halt, und eben deshalb ist Jeder in den Vereinigten Staaten entweder Whig oder Demokrat. Das Maß der Souveränität, welche jedem Einzelstaate, der Gesammtheit des Bundes gegenüber, zuzurechnen sey, das war der ursprüngliche Streitpunkt, der die beiden Parteien schuf, und das nährt sie bis auf den heutigen Tag. – Die Whigs sind so gute Republikaner, wie die Demokraten – beide stehen fest auf dem Boden der demokratischen Verfassung und der bürgerlichen Freiheit und beide wollen niemals etwas Anderes. Aber die Whigs betrachten sich als Träger des konservativen Princips in dem Verfassungswerke – sie wollen keine Schwäche der Föderalgewalt zu Gunsten der Souveränität der Einzelstaaten, sie streben beständig einer weitern Decentralisation entgegen, weil sie sie für die Dauer der Union und ihre Machtstellung nach Innen und Außen Gefahr bringend halten. Die Demokraten ihrerseits suchen beständig den Einzelstaaten ein größeres Maß von Selbstständigkeit und Willensfreiheit zu vindiciren. Sie fühlen sich beengter in den Banden der Föderalverfassung, als sie glauben, daß es gut sey. Sie vereinigen das feurigste Yankeeblut unter ihrem Banner, das die ganze Welt der Republik erobern möchte und die Freiheit in Handel und Gewerben, in Schifffahrt und andern nationalen Beziehungen unverkümmert obenan gestellt wissen will. In der Demokratie sind alle Männer des „Go a head“ vereinigt: des „Immer zu! Immer drauf!“ Die Whigs hingegen vertreten vorzugsweise das Kapital, die Interessen des großen Erwerbs, der heimischen Fabrikation, der Eisenbahnen, der Kanäle, der Banken und eine vorsichtige, kluge, auf Erhaltung des Friedens gerichtete Politik nach Außen. Sie treten, möchte man sagen, vornehmer, diplomatischer auf, als jene, und fügen sich den im internationalen Verkehr hergebrachten Formen williger. Die demokratische Partei hingegen hat in dieser Beziehung ein viel rauheres Gepräge. Sie macht sich wenig Skrupel in der Politik, verfolgt ihr Ziel