Zum Inhalt springen

Seite:Meyers Universum 15. Band 1852.djvu/90

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal korrekturgelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.

Hauses, – es erlauben, daß ich Ihnen zu der beneidenswerthen Lage unseres geliebten Vaterlandes Glück wünsche. Mit der ganzen Welt leben wir in Frieden. Die Welt achtet unsere Rechte. Unsere hohe Stellung im Kreise der Völker wird uns willig zugestanden. Ja – wir dürfen es wohl ohne Ueberhebung sagen – die Summe der Wohlfahrt, die wir genießen, ist schwerlich jemals einer andern Nation zu Theil geworden. Und es ist nicht das Geringste, daß wir hinzusetzen dürfen: – nicht bloß die Bürger dieses Staats erfreuen sich dessen, sondern auch die Menschheit: – denn geöffnet sind die Pforten unseres Reichs allen Bedrängten und Verfolgten dieser Erde als eine unantastbare Zuflucht, und dem Wanderer aus der alten Welt, deren Menschenströme sich von Jahr zu Jahr mit immer höher schwellenden Fluthen in die neue ergießen, zeigen sie sich als die Schwelle einer neuen und glücklicheren Heimath“.


Welcher unter meinen Lesern fühlt nicht den schneidenden Gegensatz dieser „präsidentvollen Thronrede“ – mit den Zuständen und der Lage mancher andern Reiche – wie wird ihm dabei zu Muthe? – Dem Jahre 1852, „dem Jahre des rothen Gespenstes“, das keine einzige seiner Vorhersagungen erfüllt hat, ist ein anderes gefolgt, und neue Schreckbilder der Zukunft ängstigen das kaum beruhigte Geschlecht. Bleich und aufgeregt, als wäre ihm der Geist Banquo’s erschienen, raunt es sich seine Besorgnisse einander zu, während die officiellen und officiösen Zuversichtsprediger aller Orten beflissen sind, die Furcht zu verscheuchen, welche sich der Gemüther bemächtiget. Was kann es nützen? Trotz Aller Zusprache, begreift die instinktartige Furcht der Menschen das Drohende der Situation, welches anzuerkennen der politische Verstand sich vergeblich sträubt. In der Stellung der Mächte zu einander, in der Unruhe der Massen, in den Zahlen der Budgets, in den beständigen Rüstungen, in der unheimlichen, geheimnißvollen Thätigkeit der Kabinette, in der wachsenden Spannung aller Verhältnisse, in der Gereiztheit der entscheidenden Persönlichkeiten und in so vielen Ereignissen und Erscheinungen, deren Bedeutung der Beobachtung nicht entgeht, gibt sich der tiefe Ernst der Lage vollkommen zu erkennen, und die erzwungene Miene von Zuversichtlichkeit, die sie in gewissen Kreisen verschleiern soll, ist keineswegs geeignet, alle Besorgnisse zu zerstreuen. – –