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Seite:Meyers Universum 15. Band 1852.djvu/93

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DCLXXVII. Vietri.




Vor dem Fels, dem steilen, rauhen,
     Liegt des Golfes blanker Guß,
          Nichts bewegt den stillen;
Und aus seinem Spiegel schauen
     Freundlich an dem Felsenfuß
          Fischerhütt’ und Villen.

Höher, auf des Felsens Haupte,
     Auf dem duftumflognen, blühn
          Die Orangenhaine;
Höher glühn der Burg umlaubte
     Fenster, wo das Rebengrün
          Schmückt die grauen Steine.

Luna’s feuchte Augen grüßen
     Träumerisch die Spiegelfluth
          Vom Gewölk umzogen;
Und in tiefen Meergrund schließen,
     Wie ein liebgehegtes Gut,
          Luna’s Bild die Wogen.

Die Gegend von Neapel, mit ihren wilden und malerischen Ufern, Schluchten, Felsen, Bayen, Seen, Solfataren, Eilanden, Höhlen und Grotten, „wo Geschichte und Fabel zusammen wohnen“, jene Landschaft, zu deren Preis Poesie und Malerei in allen Zeiten mit einander wetteiferten, ist eine merkwürdige Schädelstätte der Völker und ihrer Mythen, ihrer Kulten und ihrer Künste. Die Sybillen, Virgil, Cumä, Bajä, die phlegräischen Felder und der Avernus, der Pausilipp und die Thore von Pästum, Herkulanum und Pompeji, die lebendig begrabenen Städte, und der Vesuv sind eben so viel Marksteine für Erinnerung und Betrachtung. Phönizier, Carthager, Griechen, Römer, die Barbaren aus Nord und Ost, die Gothen, Vandalen und Hunnen, die Araber und